Seelenbinder-Gedenken 2025

Einleitungsbeitrag


Heute treffen wir uns hier wieder, um Werner Seelenbinder zu gedenken, dem Arbeitersportler und Widerstandskämpfer gegen die Faschisten, der vor 81 Jahren von diesen im Zuchthaus Brandenburg-Görden mit dem Fallbeil ermordet wurde.

Seit 1938 stand der Ringer in enger Verbindung zum (damaligen) Leiter der Berliner KPD, Robert Uhrig. Während des Krieges beteiligte sich Seelenbinder unter anderem auch an der Herstellung und Versendung illegalen Materials an Frontsoldaten.

Der Arbeitersportler wurde im Zusammenhang mit der Zerschlagung der Gruppe Uhrig im Februar 1942 festgenommen. Nach über zwei Jahre Folter und Haft wurde Werner Seelenbinder am 24. Oktober 44 hingerichtet, am gleichen Tag ermordeten die Faschisten ebenfalls Walter Eichberg, Erich Lodemann, Otto Schmirgal und Hans Zoschke. Weitere Morde fanden im August 1944 statt, etwa an Robert Uhrig und an Charlotte Eisenblätter.

Seelenbinder war nicht der einzige Arbeitersportler, der den Widerstand der KPD mittrug. Es sei stellvertretend an Cäsar Horn und Willi Sänger erinnert, die wie Seelenbinder ihren Widerstand mit dem Leben bezahlten.

Nach der Befreiung trug das Sportstadion Oderstraße, wohin Seelenbinders Urne im Juli 45 umgebettet worden war, den Namen Werner Seelenbinder-Kampfbahn – bis zur Spaltung Berlins 1948. Erst im Oktober 2004 erhielt das Stadion die Namensehrung zurück. Am 9. September 1945 fand hier im Sportpark, der erste Tag der Opfer des Faschismus statt. Organisiert vom Groß-Berliner Magistrat strömten an die 100.000 Menschen in 30 Demonstrationszügen aus ganz Groß-Berlin zusammen. Aber dazu werden wir nachher noch mehr hören. Auch der Kampf der Gefangenen im Zuchthaus Brandenburg-Görden wird Thema eines Beitrags sein.

Die Kundgebung im September 1945 war beseelt von dem Gedanken, dass es Krieg und Faschismus niemals wieder geben darf und sie war durchdrungen von dem Leitgedanken der Einheit aller Antifaschistinnen über Parteigrenzen und Religionszugehörigkeiten hinweg. Und gerade weil sich der Zeitgeist wieder gedreht hat und die Parole „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!”nicht mehr ernst genommen wird, ist der Kampf gegen Faschismus und Krieg heute so aktuell wie lange nicht mehr, europaweit, weltweit. Und das Gleiche gilt für die Einheit aller Antifaschistinnen.

Das Erstarken von faschistischen Parteien und Politikern ist aktuell eine große Gefahr. In den ostdeutschen Bundesländern hat die AfD Wahlerfolge, die sie an die Regierung, an die Macht bringen könnten.

Dagegen richtet sich einerseits die Kampagne „AfD-Verbot jetzt“, aber uns ist wichtig, dass auch immer wieder darauf hingewiesen wird, was der AfD tatsächlich den Boden entziehen kann: Es braucht eine gerechte Sozialpolitik! Es braucht eine gute Wohnungspolitik! Es braucht eine gute Gesundheitsversorgung und ein ebensolches gutes Bildungswesen! Statt Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen. Da ist in den letzten 20 bis 25 Jahren so viel kaputtgespart worden, das schaffte den Nährboden für den rechten Aufstieg. Die Bundesrepublik hat über 9 Billionen Privatvermögen, da
gibt es die starken Schultern, die die Politik gegen die AfD engagieren sollte, statt über angebliche Arbeitsverweigerer und zweistellige Milliardenbeträge, die man bei ihnen einsparen könne, zu fabulieren.

Die herrschenden Parteien aber haben nichts Besseres zu tun, als Forderungen und Parolen der Faschisten zu übernehmen, statt eine soziale Politik zu machen, und werden damit zu ihren Steigbügelhaltern. Die rassistische Stadtbild-Äußerung von Bundeskanzler Merz ist da das neueste Beispiel. Antifaschistische Bündnisarbeit muss diesen Politikern auf die Füße treten.

Und gerade angesichts der laufenden Kriege und der damit verbundenen Kriegstreiberei fragen wir uns, was kommt noch? US-Erstschlagswaffen sollen in Deutschland stationiert werden. Deutschland soll die stärkste Armee Europas bekommen, mittels eines gigantischen Aufrüstungsprogramms zulasten aller Bürgerinnen. Aber auch darüber werden wir später noch mehr hören.

Kämpfen wir im Sinne der antifaschistischen Widerstandskämpferinnen von damals und in ihrem Andenken für eine bessere Welt, gegen Kriegsvorbereitungen und Faschismus!

Am Schluß möchte ich noch unsere Freude darüber ausdrücken, daß sich wieder weitere Gruppen mit ihren Infoständen am Gedenken beteiligen. Ein Danke-schön ebenso für die musikalische Unterstützung durch den Hans Beimler-Chor, den Rapper Refpolk und die Punkrock-Band BetterGutIndustries. Wir danken dem SV Tasmania für seine Mithilfe – inbesondere, da sie heute noch ein Jugendturnier haben – und dem Sportamt Neukölln danken wir für seine technische Unterstützung. Die geplante Ringer-Showkampf-Einlage von Jugendlichen des SV Preussen muss leider entfallen, da sind die Herbstferien vor.

Nun genug meiner Worte und ich übergebe das Mikrofon unserer Stadträtin für Kultur, Bildung und Sport, Frau Wolter.

Stadträtin für Kultur, Bildung und Sport, Frau Wolter

Freundeskreis „Ernst Thälmann“ e. V. Ziegenhals-Berlin


Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kameradinnen und Kameraden,

ich danke für die Gelegenheit hier zu sprechen , ich bin Max Renkl Vorsitzender des Freundeskreises Ernst Thälmann, Ziegenhals-Berlin.

Kurz ein paar Worte zu unserer Organisation. Wir sind das Ergebnis einer Vereinigung zweier Organisationen im Jahr 2018: Dem Freundeskreis Ernst Thälmann Gedenkstätte e. V. Ziegenhals und dem Aktionsbündnis Thälmann-Denkmal, Berlin. Der Freundeskreis hat sich 1990 gegründet und übernahm die Pflege und Instandhaltung der Erst Thälmann Gedenkstätte in Ziegenhals bei Königs Wusterhausen. Der Freundeskreis bot Öffnungszeiten und Führungen an und organisierte zahlreiche Veranstaltungen und später Kundgebungen. Gewidmet war die Gedenkstätte dem 7. 2. 1933 als sich in Ziegenhals rund 40 Funktionäre der KPD trafen, um, eine Woche nach der Machtübertragung an Hitler, die Ausrichtung der KPD zu bestimmen, die Partei organisiert in die Illegalität zu führen, bei gleichzeitiger maximaler Anstrengung um jeden Fußbreit, den die Faschisten einzunehmen versuchten mit Massenkampf, Massenstreik, Demonstrationen usw. gegen das Hitlerregime zu beantworten. Die Gedenkstätte mit Wassergrundstück und einer Größe von ca. 4500 qm wurde später übrigens mittels Insiderwissen günstig von dem Ministerialbeamten Gröger erworben und später, dank der aktiven Passivität einer rot-roten Landesregierung abgerissen. Doch die drei Veranstaltungen in Ziegenhals (Tagung, Geburtstag, Jahrestag der Ermordung) finden, Abriss hin oder her, weiterhin statt. Hier in Neukölln konnten wir immerhin das gesamte Inventar der Ausstellung der ETG zeigen.

Das Aktionsbündnis Thälmann Denkmal hat sich im Jahr 2000 gegründet und war von Beginn eine Bündnisorganisation verschiedener Gruppen und Parteien darunter die VVN, Gruppe KAZ, SDAJ, FDJ, DKP, KPD, Linkspartei, bis hin zu Einzelpersonen, die sich um das Thälmann-Denkmal im Prenzlauer Berg kümmerten. Wir haben das Denkmal mehrere Jahre lang selbst gereinigt und in einen würdigen Zustand versetzt. Wir haben dabei Graffiti entfernt, ohne uns gegen die Graffitisprayer zu stellen, sondern gegen ein Geschichtsbild auch und vor allem in dieser Stadt, die die Denkmäler von Kaiser, Königen, Generälen und sonstigen Schlächtern hegt und pflegt, während Arbeiterdenkmäler und antifaschistische Gedenkstätten, Denkmäler oder Grabstätten ungeschützt dem Verfall und Vandalismus ausgesetzt werden. Ein Erfolg war es, dass einige Jahre lang der Bezirk Pankow für die Reinigung des Denkmals aufkam, immerhin an den Geburtstagen und Jahrestagen der Ermordung Thälmanns. 2018 haben wir uns dann, um die Kräfte zu bündeln, zu einer Organisation zusammengeschlossen, die sich in Berlin und Ziegenhals um das Gedenken an den Vorsitzenden der KPD, Ernst Thälmann, und seiner Genossinnen und Genossen kümmert.

Wir freuen uns daher über diese Ehrung für Werner Seelenbinder, die genau das gleiche Anliegen hat wie unseres: Heute wo wir gegen eine Welle des Rassismus, der faschistischen Hetze, der Kriegstreiberei ankämpfen ist es wichtig zu betonen, woher wir kommen, wo unsere Traditionslinien sind im Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung, Krieg und Faschismus. Damit verbinden wir unsere Geschichte mit den aktuellen Fragen und Auseinandersetzungen.

Vor 80 Jahren wurde mit dieser Tradition begonnen. Hier versammelten sich Hundertausende, damit es nie wieder zu einer Nazi-Barbarei und einem neuen Völkerschlachten kommen darf. Hier war auch die Frau Thälmanns, Rosa Thälmann, sowie ihre Tochter Irma anwesend. Rosa und Irma, die beide anfangs als Kuriere zwischen dem eingekerkerten Ernst Thälmann und der KPD fungierten und später von den Nazis in das KZ Ravensbrück verschleppt wurden. Vor 80 Jahren war hier auch Wilhelm Pieck anwesend,späterer erster Präsident der DDR, Teilnehmer der oben erwähnten „illegale ZK-Tagung der KPD“ bzw. „Ziegenhalser Tagung“, der einige Tage vor dieser antifaschistischen Manifestation seine berühmte Rede zur Bodenreform hielt, mit dem Titel: „Junkerland in Bauernhand“.

Diese 100000 Menschen vor 80 Jahren, unterschiedlicher Partei- und Religionszugehörigkeit, Werner Seelenbinder, Ernst Thälmann, Rudolf Breitscheid, sie alle und wir, die wir uns hier heute versammeln eint der Gedanke, dass nur der Zusammenschluss aller Antifaschistinnen und Antifaschisten, nur die Einheit der Arbeiterklasse und ihrer Gewerkschaften den Wahnsinn auf den wir gerade zurasen, stoppen können. Einig sein gegen die, die uns spalten wollen, damit sie uns besser beherrschen können. Einig sein gegen die, die uns wieder gegen andere Völker in den Krieg ziehen lassen wollen.

Das sei unsere Losung, so wie Teddy es ausdrückte: Einen Finger kann man brechen, aber fünf Finger sind eine Faust!

Hans-Beimler-Chor

Brandenburg-Görden – Gesprengte Fesseln


Ermordet wurde Werner Seelenbinder mit dem Fallbeil im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Das ist bekannt. Das Mordinstrument kann man heute noch besichtigen, auch ein kleines Museum – natürlich durch Westzensur bereinigt. Auch ein Werner-Seelenbinder Stadion gibt es noch in Brandenburg an der Havel.

Aber fast gänzlich unbekannt ist, dass es auch in diesem Zuchthaus, an dieser Stätte des Grauens Überleben, Widerstand und Solidarität gab – nachzulesen in dem Buch „Gesprengte Fesseln“, 1975 in der DDR erschienen. (M. Frenzel, W. Thiele, A. Mannbar, Gesprengte Fesseln, Berlin 1975)

Das Erstaunen war groß, über das, was dort zu lesen ist. Die inhaftierten Kommunisten hatten in jahrelanger geduldiger Arbeit nicht nur eine „arbeitsfähige, kampfkräftige Parteiorganisation“ aufgebaut, sondern auch zusammen mit sozialdemokratischen, parteilosen Mithäftlingen, darunter viele Gefangene aus der Sowjetunion, Frankreich, Italien, Griechenland, Jugoslawien u.a. gegenseitige Hilfe und Widerstand organisiert. Als schließlich die Rote Armee vor den Toren des Zuchthauses stand, konnten sie die Wärter entwaffnen und dafür sorgen, dass alle Inhaftierten befreit wurden!

Man weiß von der Selbstbefreiung des KZs Buchenwald, von Brandenburg-Görden schweigt die offizielle Historie. Das ist wirklich unverständlich. Denn auch dort wurden die Besten des Landes eingekerkert, saßen in manchmal jahrelanger Einzelhaft, in Todeszellen und wurden geköpft. Um nur einige Namen zu nennen: Anton Saefkow, Bernhard Bästlein, Robert Uhrig, Theodor Neubauer, Willi Sänger und unser Werner Seelenbinder.

Es sei das „Festeste Zuchthaus der Welt“, so prahlten die Nazis. Doch die Insassen brachten es auf den Punkt: Menschenschlachthaus und – auch dies kaum bekannt – Kriegsindustriebetrieb. Die Profiteure – groß und klein – blieben nach der Befreiung meist unbehelligt.

Ab dem 1. August 1940 wurde Brandenburg-Görden Hinrichtungsstätte, mit am Schluss 43 Ermordeten täglich, insgesamt fast 2800 Hinrichtungen.

Und ab dem Kriegsbeginn bekam die Rüstungsindustrie Räume und Sklaven direkt im Zuchthaus. Die Häftlinge mussten 12 Stunden arbeiten, schwerste körperliche Arbeit, ungenügendes Essen, als Folge davon Krankheiten, die nicht behandelt wurden.

Die Widerstandskämpfer sollten planmäßig körperlich und geistig zerstört werden, physisch vernichtet auch ohne Todesurteil.

Um zum einen zu bewerkstelligen, dass Genossen von den Transportlisten gestrichen wurden, die in die KZs und den sicheren Tod führten, musste eine starke Organisation aufgebaut und wichtige Posten als sog. Funktionshäftlinge besetzt werden. Wichtige Aufgabe sahen die Genossen auch darin, an die Neuankömmlinge heranzukommen um zu signalisieren, ihr seid nicht allein, ihnen Mut zu geben, denn sie kamen aus den Kriegsgefangenenlagern, aus den KZs, aus den Foltergefängnissen oder direkt von ihren Gerichtsprozessen.

Anfangs war es sehr schwierig, den Kontakt unter den Genossen herzustellen. Man war gezwungen mit Blicken, einem geflüsterten Wort, einem Zettel sich zu verständigen. Als nächsten Schritt versuchte man, die Kalfaktorstellen den Kriminellen streitig zu machen, da man dadurch größere Bewegungsmöglichkeiten hatte. Schließlich ging es um Bereiche wie Küche, Brotschneider, Bibliothek und Verwaltung, wo Genossen eingeschleust wurden, um zwischen den Abteilungen und Häusern Verbindungen aufzubauen. Die einzelnen Betriebszweige, wie Tischlerei oder Weberei wurden von Genossen und verlässlichen Antifaschisten besetzt. Mit den Rüstungsbetrieben im Gefängnis kamen auch zivile Personen, wie Meister oder Vorarbeiter, die zwangsverpflichtet und meist keine Nazis waren, was die Organisierung der illegalen Parteigruppen erleichterte. Sie brachten Informationen von draußen und waren zur Arbeitseinteilung und – vergabe autorisiert. Ein Sozialdemokrat unter ihnen bewirkte, dass Werner Seelenbinder vor seiner Hinrichtung von einem Genossen besucht werden konnte. – Die Todeskandidaten waren in einem eigenen Trakt in Einzelzellen.

Die letzte Stufe des Widerstands war die Vorbereitung des Tages x, wenn die Rote Armee vor den Toren stand.

Zweitschlüsselanfertigung, Bewaffnung und mehr und mehr Stärke zeigen gegenüber den Nazibeamten, dem Zuchthausdirektor. Letzteres ergab sich von selbst, denn je weiter die Rote Armee vorrückte, um so ängstlicher wurden die Beamten. Im letzten Moment konnten die Genossen verhindern, dass die Nazis bei Ihrer Flucht sämtliche Vorräte mitgehen ließen. Die restliche Wärter-Belegschaft ließ sich entwaffnen.

Damals: Widerstand war nötig, Widerstand war möglich – selbst unter schlimmsten Bedingungen.

Heute: das Faschistenpack und seine Förderer in Wirtschaft, Medien und Politik werden wieder frech und dreist. Also: Widerstand jetzt! Die Toten mahnen!

Am Grab

Ein Video-Mitschnitt der Gedenkveranstaltung erscheint demnächst auf unserem youtube-Kanal https://www.youtube.com/@vvn-vda .

Gedenkspaziergang zur Reichspogromnacht in Charlottenburg

Am 9. November 2025 fand ein Gedenkspaziergang statt in Erinnerung an das Geschehen und die jüdischen Opfer während der Pogromnacht vom 9. November 1938. Organisiert wurde der Gedenkspaziergang, an dem etwa 40 Menschen unterschiedlicher Altersgruppen teilnahmen, von der Feministisch-antifaschistischen Jugend-Organisation Charlottenburg (FaJOC), unterstützt von der VVN-VdA-Gruppe Charlottenburg. Während des Spaziergangs wurde über einzelne jüdische Menschen und Institutionen in Charlottenburg an ihren damaligen Wohnungen informiert, die in dieser Pogromnacht bedroht und zum Teil ermordet wurden und deren Wohnungen oder Geschäfts- und Gemeinderäume von Nazi-Faschisten zerstört wurden.

Einladungsflyer:

Rede von Uwe Bröckl

(Uwe ist Maschinenschlosser und Krankenpfleger. Er ist Mitglied im geschäftsführenden Vorstand unserer VVN-VdA Berlin e.V. Er hielt die Rede zu Beginn des Spaziergangs am Gedenkstein für die Opfer des Nazi-Faschismus auf dem Charlottenburger Steinplatz.)

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Anwesende,

mit Entsetzen fühlen sich die letzten überlebenden Verfolgten des Naziregimes, ihre Nachkommen und alle, die ihnen zugehört haben, seit Jahren an das Ende der Weimarer Republik erinnert. Der scheinbar
unaufhaltsame Aufstieg der AfD beherrscht die Schlagzeilen und Talkshows. Längst hat die AfD die Deutungshoheit übernommen.

Dennoch ist mit einem Verbot nicht die Frage beantwortet, wie die AfD so stark werden konnte. Um eine Antwort auf die Frage zu nden, warum die Rechte, Rechtsextreme und Neonazis immer stärker werden, müssen wir zurück in die Geschichte gehen.

Schon vor dem Ende des 2. Weltkrieges haben in den Konzentrationslagern Menschen aus den Gewerkschaften und Arbeiterparteien, aus KPD und SPD Forderungen aufgestellt, die dem Faschismus in Zukunft den Boden entziehen sollten. So forderten die Häftlinge in Buchenwald gleich nach ihrer Befreiung auf dem Appellplatz im Konzentrationslager: „Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Welt steht ! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Eine Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg, das war der Grundgedanke. Und die Staaten der Antihitlerkoalition einigten sich im Potsdamer Abkommen auf ein konkretes Programm, den Neuaufbau Deutschlands so zu gestalten, dass es endgültig vom Gift des Hitlerfaschismus befreit wird. Das Potsdamer Abkommen wurde in den sogenannten vier „D“ zusammengefasst:

  • Denazifizierung
  • Demokratisierung
  • Dekartellierung
  • Demilitarisierung

Was ist aus diesen vier „D“ geworden ?

Die Denazifizierung wurde nach kurzer Zeit abgebrochen und in den Verwaltungen und Ministerien, in den Schulen, bei der Polizei und in den Gerichten konnten die Nazis weiterarbeiten oder wurden in der Adenauerzeit auch wieder zurück in ihre Ämter geholt.

Und was ist mit der Demokratisierung ? Wir erleben gerade zur Zeit, dass überall unsere Grundrechte eingeschränkt werden, die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Wissenschaft und Kunst. Alle, die solidarisch mit den Palästinensern sind, wissen das. Jede Kritik an Israel wird als Antisemitismus geächtet und verfolgt. Ein anderes Beispiel ist das Streikrecht, das in kaum einem anderen entwickelten Industriestaat so eingeschränkt ist wie in Deutschland. Diese Einschränkungen gehen unmittelbar auf das Wirken von Juristen zurück, die schon in der Nazizeit das faschistische Arbeitsrecht kommentiert und verteidigt hatten.

Eine Kernforderung zur Durchsetzung einer antifaschistischen Neuordnung war die Forderung nach Dekartellierung. Keine Kartelle, keine Monopole, kein großes Kapital sollte mehr die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland beherrschen. Dabei ging es nicht nur um die Entflechtung großen Kapitals, sondern um die Überführung großen Kapitals in Gemeineigentum. Doch nichts davon wurde durchgesetzt. Der Bergbau, die Eisen- und Stahlindustrie, das ganz große Kapital blieb in den Händen von Thyssen, Flick, Siemens usw.

Die Demilitarisierung Deutschlands wurde ebenfalls schon wenige Jahre nach dem Krieg aufgegeben und umgekehrt. 1955 wurden wieder die ersten Soldaten vereidigt. Mit der von Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“ und jetzt mit einem massiven Aufrüstungsprogramm wird mit einem gewaltigen Ausmaß die Gesellschaft militarisiert. Jetzt wurde beschlossen, die jährlichen Rüstungsausgaben im Haushalt auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, 3,5 Prozent unmittelbar für die Rüstung und 1,5 Prozent für die militärische Infrastruktur. 5 Prozent sind momentan ca. 225 Milliarden €, dies entspricht in etwa die Hälfte des gesamten Haushaltes der Bundesrepublik
Deutschland.

Das Ziel des Aufbaus einer antifaschistischen Gesellschaft wurde also nicht erreicht. Wir müssen uns eingestehen : Der Aufbau einer „Welt des Friedens und der Freiheit“ ist vollständig gescheitert.

Nun könnte man einwenden : In vielen anderen Ländern sieht es nicht besser aus, obwohl es dort einen Faschismus wie in Deutschland nie gab. Bemerkenswert ist allerdings, dass es noch nie Faschismus ohne
Kapitalismus gegeben hat. Faschismus war und ist immer die ungehemmte Freiheit des großen Kapitals. Faschismus war und ist immer gegen die abhängig Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften gerichtet.
Wenn Bertolt Brecht sagte : „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, dann meinte er genau das, was Max Horkheimer so ausdrückte: „Wer vom Kapitalismus nicht reden will, der soll vom Faschismus schweigen“. Mit Blick auf die Forderung, die AfD zu verbieten, würde das heißen:

  • Wer vom Kapitalismus nicht reden will, der soll von einem Verbot der AfD schweigen.
  • Wer Migranten massiv verfolgt, wer von Niedriglöhnen und immer weiter um sich greifender Zerstörung der Tarifbindung nicht reden will, der soll von einem Verbot der AfD schweigen.
  • Wer von der Demilitarisierung nicht reden will, der soll von einem Verbot der AfD schweigen.

Das Ziel, eine antifaschistische Gesellschaft aufzubauen, ist zwar gescheitert, hat sich aber damit nicht erledigt. Das Ziel, eine antifaschistische Gesellschaft aufzubauen, eine Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Programm, das Programm der VVN als älteste antifaschistische Organisation Deutschlands. Es ist ein Programm der Jugend und der Zukunft.

Zum Schluß noch zwei Zitate:

Unsere Ehrenvorsitzende Esther Bejarano, Holocaustüberlebende, hat einmal gesagt : „wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen.“

und der Dichter Erich Kästner sagte 1958 am 25. Jahrestag der Bücherverbrennung: ,,Die Ereignisse von 1933-1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat. Das ist der Schluss, den wir aus unseren Erfahrungen ziehen müssen. Drohende Diktaturen lassen sich nur
bekämpfen, ehe sie die Macht übernommen haben.“

In diesem Sinne wünsche ich uns einen guten Verlauf der Demo und bedanke mich fürs Zuhören.

Rede als Pdf

(Foto: Symbolbild, Matti Blume 2008, CC-BY-SA-2.0-DE)

VVN-VdA Reinickendorf

Inhaltsverzeichnis

08.Mai 2024 Ehrung der Opfer des Faschismus anlässlich des Tags der Befreiung

Ehrung gefallener Sowjetsoldaten und von Zwangsarbeiterkindern

Um 10 Uhr trafen sich Mitglieder der Linken Reinickendorf, der VVN-VdA Reinickendorf und weitere Bürger*innen auf dem Russischen Friedhof in Tegel, um der dort begrabenen Opfer des Faschismus zu gedenken. Hier liegen Sowjetsoldaten begraben, die bei der Befreiung Berlins gefallen waren. Auch Zwangsarbeiter*innen und deren Kinder fanden hier ihre letzte Ruhe. Wir legten rote Nelken auf den Gräbern nieder.

Anschließend legten wir Nelken am Alten Anstaltsfriedhof auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik nieder.

Foto und Text: Rechteinhaber Linke Reinickendorf

Deutschland finanziert, Israel bombardiert! Für einen gerechten Frieden in Nahost

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

am 11.Mai fand die Veranstaltung „Deutschland finanziert, Israel bombardiert!“ im Haus der Demokratie statt. Leider musste aus gesundheitlichen Gründe Arn Strohmeyer absagen und Rolf Becker sprang ein und hat das Manuskript von Arn Strohmeyer per Zoom vorgelesen.

Zugeschaltet wurde Moshe Zuckermann1.

Moderiert wurde die Veranstaltung durch Klaus Dallmer, Initiative „Frieden-gewinnen

Gäste:

Emily Weingarten, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

RA Benedikt Hopmann, VVN-VdA

von Links nach rechts: K. Dallmer, E. Weingarten, B. Hopmann; Foto: Ingo Müller

Begrüßung und Einleitung durch Klaus Dallmer

Video/Bearbeitung: Ingo Müller

00:16 Begrüßung Moshe Zuckermann

00:45 Hinweis zu Arn Strohmeyer

01:01 Begrüßung Rolf Becker, Schauspieler

01:12 Begrüßung Emily Weingarten, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

01:23 Vorstellung RA Benedikt Hopmann

01:35 Beweggründe zur Veranstaltung.


Moshe Zuckermann über über die Situation in Israel und die deutsche Israelhörigkeit

00:35 worum es eigentlich geht, und ich glaube, was immer wieder bei den aufflammenden Gewaltexzessen und bei den Eskalationen der Gewalt geht 02:13 der Konflikt muss gar nicht gelöst werden. Er muss nur verwaltet werden, und das hat es auch geschafft. 09:50 Aber was sich auch herausgestellt hat, immer mehr, dass eine der zentralen Figuren, die eigentlich die Befreiung der Geiseln durch einen Deal mit der Hamas hätte vorantreiben können, nämlich Netanjahu, dass er das gar nicht wollte. Einer der Hauptverhinderer des Dienst über die entführten Geiseln bis heute Netanjahu, der auch sein Umfeld auch gegen die Angehörigen. 11:52 Das Problem besteht darin, dass es in der Tat ein Problem zwischen Deutschland und Israel gibt. 16:40 das Problem, von dem wir hier zu tun haben, ist die Frage: Was meinen die Deutschen, wenn Sie meinen, den Antisemitismus bekämpfen zu sollen? Meinen Sie die Juden? 19:30 Israel ist heute das gefährlichste Land für Juden auf der Welt. 21:03 Israel Wie ich eingangs schon gesagt habe, hätte es in der Hand, den Territorialkonflikt zu lösen. Israel will aber den Territorialkonflikt nicht lösen. 33:11 Das heißt also, Sie reden mit jemandem, der jetzt staatsoffiziell in Deutschland irgendwie zum Antisemitismus. Ich habe ein Zertifikat, sozusagen ein Zeugnis, dass ich an dieser mit bin von der deutschen Bundesregierung. 33:34 Da ist etwas ganz schiefgelaufen mit der deutschen Aufarbeitung der Vergangenheit, die ja Gutes gemeint hat und eine ganze Menge in den 60er, 70er und 80er Jahren


Rolf Becker liest den Vortrag von Arn Strohmeyer: Warum hat gerade Südafrika Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Völkermord verklagt?

00:22 Die Gleichsetzung, also die Israel-Kritik die sofort interpretiert wird als anti-jüdische Stellungnahme 01:36 Warum hat gerade Südafrika Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Völkermord verklagt. 02:12 Die Antwort auf diese Frage ergibt sich fast automatisch aus einem Blick auf die Vergangenheit beider Staaten. Denn der Apartheidstaat Südafrika und der Apartheidstaat Israel waren auf das engste politisch miteinander verbunden. Man kann sagen: Sie waren engste Freunde. Was wohl an der Ähnlichkeit ihrer politischen Systeme lag, auch wenn sie sicher nicht völlig identisch waren. Wichtig ist, hinzuzufügen, dass beide Staaten kein großes Aufsehen von ihrer engen Beziehung gemacht haben. Da lief fast alles im Geheimen. Denn beide Staaten hatten in der Welt massive Image-Probleme, und da scheute man das Tageslicht 03:48 Dass das israelische Außenministerium die Taktlosigkeit besaß, einen aktenkundigen Nazi-Kollaborateur zu einer Gedenkstätte für die Opfer des Nazismus zu führen und ihm dann auch noch einen Vortrag über die Nazis anhören zu lassen…Vorster in der Holocaust-Gedenkstätte! Was für eine Selbstdarstellung Israels! Vielleicht zeigte das Land hier sein wahres Gesicht! 06:33 Das Unrecht, das den Palästinenser angetan wird, liegt so klar auf der Hand, dass man, um es nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen, das Thema als solches tabuisieren muss

Weitere Infos: s. hier:


Redemanuskript von Arn Strohmeyer

Vortrag Berlin 11.05.2024
Warum hat gerade Südafrika Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Völkermord verklagt?

Südafrika hat eine Klage wegen Völkermord beim IGH erhoben. Die Klage läuft noch und ist in der Hauptsache noch nicht entschieden. Da erhebt sich die Frage: Warum hat gerade Südafrika diese Klage erhoben? Es hätte ja auch ein anderer Staat machen können. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich fast automatisch aus einem Blick auf die Vergangenheit beider Staaten. Denn der Apartheidstaat Südafrika und der Apartheidstaat Israel waren auf das engste politisch miteinander verbunden. Man kann sagen: Sie waren engste Freunde. Was wohl an der Ähnlichkeit ihrer politischen Systeme lag, auch wenn sie sicher nicht völlig identisch waren. Wichtig ist, hinzuzufügen, dass beide Staaten kein großes Aufsehen von ihrer engen Beziehung gemacht haben. Da lief fast alles im Geheimen. Denn beide Staaten hatten in der Welt massive Image-Probleme, und da scheute man das Tageslicht.

Zum Manuskript


Redebeitrag: Emily Weingarten, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

00:51 Emily Jüdische Stimme – Schweigeminute für die Menschen in Rafah 01:43 Emily Jüdische Stimme – Referat 01:52 Frieden gewinnen: Klaus und ich hatten uns in Vorbereitung auf dieses Panel darüber unterhalten, ob wir Menschen von der jüdischen Stimme teilnehmen und ob auch palästinensische Stimmen interessiert wären, teilzunehmen. Ich habe in meinem Umfeld arbeiten, ja auch viel mit palästinensischen Menschen zusammengefragt, und es war tatsächlich schwierig. 02:52 dass viele palästinensische Menschen hier in Deutschland das Vertrauen verloren haben. 11:03 Mitte März unser Konto gesperrt und eingefroren wurde. 11:25 Konto muss wieder freigeschaltet werden 13:29 Es ist auch einfach, nicht mehr von der Hand zu weisen, dass es nicht um den Schutz jüdischen Lebens in Berlin oder in Deutschland geht. 21:13 Wir möchten nicht besser geschützt werden oder schlechter geschützt werden. Wir möchten genauso wie alle anderen Minderheiten und anderen deutschen Menschen in Berlin oder in Deutschland geschützt werden, weil wir das Recht darauf haben, genauso wie palästinensische Menschen


Klaus Dallmer: Zu den Waffenexporten Deutschlands nach Israel

Video/Bearbeitung: Ingo Müller. 11.05.2024

Redemanuskript:

Liste der Betriebe und ihre Links dazu:

Klaus Dallmer: Zu den Waffenexporten

00:17 Welche Betrieben sind an Waffenlieferungen an Israel beteiligt 01:35 Deutschland ist nach den U.S.A. zweitgrößter Waffenlieferant Israels. 04:02 Allein im Jahr 2.023 betrafen die von der Bundesregierung genehmigten Ausfuhren, folgende Waffenkategorien. 09:02 mehrere europäische Transportarbeit der Gewerkschaften haben beschlossen, Schiffe mit Waffen für Israel nicht abzufertigen. Es bleibt zu hoffen, dass sie Schiffe mit deutschen Waffen stoppen.


Benedikt Hopmann über Die vorläufigen Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofes (IGH)in Den Haag im Verfahren Südafrika ./. Israel und Nikaragua ./. Deutschland

Hier der Schriftliche Teil der Äußerungen von Benedikt Hopmann zum Thema:

weitere Infos:


Emilys Schlußwort

00:10 Der Zionismus ist der Glaube, dass im Prinzip nur ein Staat jüdische Interessen und Sicherheit garantieren kann. 00:43 die jüdischen Grundprinzipien 02:39 dem jüdische Volk verwehrt wird, so einen Staat auch für sich zu beanspruchen. 06:12 Die Realität ist immer wesentlich vielfältiger und komplexer, als sie in der Debatte dargestellt wird.


Schlußwort Rolf Becker

00:08 Zur VVN und DGB sind gespalten 00:31 Mir selber ist ein Auftritt vor kurzem untersagt worden, auf Einspruch der VVN über Russland, Ukraine zu sprechen 00:49 um was zu verändern, bis in die Regierungsetagenrauf. Da müssen wir versuchen, in diesen Organisationen, Ich meine da vor allen Dingen den DGB die Widersprüche zu klären. 01:55 was Esther Bjarano angeht, hast du vollkommen Recht? Es ist ja nicht so, also nicht zufällig geschehen, dass mein Redebeitrag, als sie uns für immer verlassen hat, nicht verbreitet wurde von wenigen Zeitungen abgesehen


Ergänzungen

In eigener Sache: Moshe Zuckermann

In (nicht nur) eigener Sache
Die DIG hat versucht, eine Veranstaltung mit mir in Heilbronn zu vereiteln. Dabei habe ich
mir eine offizielle Einstufung seitens der deutschen Bundesregierung als Antisemit
eingehandelt.
Von Mosche Zuckermann


Jetzt auf DVD: »Losgelöst von allen Wurzeln …« − der Film


Hier der Trailer zum Film:

Und hier kann der Film bestellt werden:


Hier geht’s zum Einladungsflyer:

  1. Moshe Zuckermann wurde 1949 in Tel Aviv geboren. Zwischen 1960 und 1970 lebte er in Frankfurt am Main. Nach seiner Rückkehr nach Israel studierte er Soziologie, Politologie und Geschichte in Tel Aviv. Er promovierte 1987 in deutscher Geschichte. Seit 1990 lehrt Zuckermann an der Universität Tel Aviv Geschichte und Philosophie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Seit 2000 leitet er das Institut für deutsche Geschichte in Tel Aviv. []

„Nie wieder“ gilt auch für jetzt! Berichte und Video über die Veranstaltung mit Iris Hefets und Nadija Samour am 31.01.2024

Inhaltsverzeichnis

  1. Eine kämpferische Veranstaltung gegen das Morden in Gaza
  2. Iris kam vor 20 Jahren nach Deutschland.
  3. Nadija ist in Deutschland geboren als Kind palästinensischer Flüchtlinge. 
  4. Video zur Veranstaltung
  5. Sowie eine sehenswerte Doku mit Nadija Samour
  6. 13.11.2023: 20 Jahre Jüdische Stimme – Trauer- und Hoffnungsfeier
  7. 25.11.2023: Iris Hefets (Jüdische Stimme) über Antisemitismus, Israel, Gaza, deutsche Schuld | MERATV

Eine kämpferische Veranstaltung gegen das Morden in Gaza

Die Veranstaltung am 31. Januar 2024 stand unter dem Motto: Nie wieder! gilt auch für jetzt – gegen die Hetze und Kriminalisierung der Proteste gegen den Krieg in Nahost und in der Ukraine! Gegen Rüstungsgeschäfte! Für eine kritische Öffnung des politischen Diskurses.

Sie wurde im mit 250 TeilnehmerInnen voll besetzten Saal des Hauses der Demokratie und Menschenrechte zu einer Manifestation gegen Vertreibung und Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza. Veranstalter waren die VVN-VdA, der AK Frieden in der VVN- BdA, unterstützt von der FRIKO und 1918Unvollendet.

Zur Eröffnung betonte Luise vom „Arbeitskreis NIE WIEDER“; einer der Mitveranstalter, wie durch die verordnete Parteinahme für Israel eine offene Diskussion über die Vorgänge vor und nach dem 7. Oktober 2023 und – ähnlich wie schon beim Ukraine-Krieg – eine Positionierung gegen Militarisierung und Krieg geächtet und mit Verbot bedroht wird. „Deutschland will Führungsmacht werden“ und das sind die Vorzeichen. Wir dokumentieren die Beiträge.

Brigitte von der VVN-VdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Verband der Antifaschistinnen und Antifaschisten) führte aus, dass der Antifaschismus der ältesten und größten Organisation der WiderstandskämpferInnen und Verfolgen des Naziregimes aus dem Widerstand gegen Faschismus und Krieg geboren wurde. … Sie verwies auf das Vermächtnis vieler jüdischer AntifaschistInnen in der VVN, nicht zuletzt von Esther Bejarano, die fest an der Seite des antiimperialistischen Befreiungskampfs des palästinensischen Volks standen. Ihre Mahnung: Die größten Feinde Israels und seiner Existenz sind nicht die Palästinenser, sondern die israelischen Großmachtchauvinisten.

Zur aktuellen Entwicklung führte Brigitte aus:

Foto: Ingo Müller

„Wer sich heute uneingeschränkt hinter die israelische Regierung stellt, wer Unterstützung für Netanjahu zur deutschen Staatsräson macht, der wird nicht nur mitverantwortlich an den Verbrechen gegen die Palästinenser, der treibt Israel geradezu vorwärts ins Desaster.

Der angebliche Kampf gegen Antisemitismus verkommt in Deutschland zur Tarnung der Kriegsvorbereitung. Und das kommt auch jetzt wieder zum Vorschein. Abbau der demokratischen Rechte, der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit, der Versammlungsfreiheit. „Seht her wir sind Freunde der Juden, wir haben gelernt, wir können jetzt nicht nur Waffen nach Israel schicken, sondern in die Ukraine, nach Saudi-Arabien, in die Türkei, in alle Krisengebiete.“

Dabei werden Regierung, Kapital, Militär und Nato zu unseren Freunden umgelogen. Der Feind sind die Gegner des zionistischen Netanjahu-Kurses, einschließlich solcher Israelis wie Moshe Zuckermann oder die Jüdische Stimme. „Wenn das deutsche Staatsräson sein soll, die bedingungslose Nibelungentreue zu Israel nämlich, die von allen Parteien des deutschen Bundestags einschließlich der AfD getragen wird, dann ist das eine mächtige Drohung an uns, einfache Bürger diese Deutschland: Staatsräson unseres Landes schließt dann ein: Verteidigung einer völkischen und rassistischen Politik gegenüber den Palästinensern, Verteidigung der Zerschlagung von Demokratie, der schrankenlosen Militarisierung, Verteidigung von völkerrechtswidriger Besatzung von Landraub, von ethnischen Säuberungen. Und indem der Kampf des palästinensischen Volks unter den Generalverdacht des Antisemitismus gestellt wird, hat man zugleich ein Mittel in der Hand, die arabische und muslimische Bevölkerung zu kriminalisieren, zu drangsalieren und auszugrenzen – bis in unsere Gewerkschaften hinein.

Das wollen wir nicht und das – nämlich einen Staat, der seine Raison/Vernunft in Gaza abgegeben hat – werden wir die Stirn bieten.

Wir halten fest:

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Gegen Rassismus, Antisemitismus und Zionismus! Gegen die Vernichtung Gazas und seiner Bevölkerung! Für Waffenstillstand und Freilassung aller Geiseln!“

Axel vom „Arbeitskreis NIE WIEDER“ führte in einem kurzen Beitrag aus, dass inzwischen zur Erlangung der Deutschen Staatsbürgerschaft ein Bekenntnis zu Israel verlangt wird, z.B. in Sachsen-Anhalt.

Für die palästinensische Solibewegung sei immer der Unterschied gemacht worden zwischen Antisemitismus und Antizionismus.

Er begrüßte die Initiative Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Südafrika habe ja mit dem ehemaligen Apartheitsregime ähnliche Erfahrungen wie die Palästinenser mit dem Siedlerkolonialismus. Zur Aufrechterhaltung dieses Regimes macht die israelische Regierung Geschäfte mit Rassisten und Faschisten.

Mit Iris Hefets von der „Jüdischen Stimme“ und der palästinensischen Rechtsanwältin Nadija Samour konnten wir zwei ausgezeichnete GesprächspartnerInnen gewinnen.

Iris Hefets von der „Jüdischen Stimme“ , Foto: Ingo Müller
Nadija Samour, palästinensischen Rechtsanwältin, Foto: Ingo Müller

Iris kam vor 20 Jahren nach Deutschland.

Sie ist in Israel aufgewachsen und hat dort im Militär gedient. In bewegten Worten schilderte sie wie das Militär die ganze Gesellschaft, den Alltag dominiert.  Eine militarisierte Gesellschaft wie Israel – das wird offenbar zunehmend auch als Deutschlands Zukunft gesehen. Es ist der permanente Ausnahmezustand, bei dem die Zensur normal wird und damit die Selbstzensur, die „Selbstgleichschaltung“. Zum Militarismus gehöre die Überheblichkeit, der Chauvinismus, die Verachtung von allem, was nicht so ist. Das kommt auf Deutschland zu, wenn es „kriegstüchtig“ werden soll. Das sei der Einstieg in die „Tötungskultur“.

Nadija ist in Deutschland geboren als Kind palästinensischer Flüchtlinge.

Sie wies auf die Art Symbiose von Israel und der BRD hin. Beide brauchten sich nach dem 2. Weltkrieg zur Legitimation. Die BRD braucht ein gutes Verhältnis zu Israel, um wieder als zivilisierte Nation anerkannt zu werden. Israel braucht Deutschland und die Judenverfolgung als Rechtfertigung eines eigenen Staats als „Heimstatt der Juden“. Gemeinsames Feindbild wurden die Palästinenser. Beim Prozess vor dem IGH hat sich die BRD bedingungslos an die Seite Israels gestellt und sich damit mitverantwortlich gemacht für das, was jetzt in Gaza passiert. Nadija ordnete den Konflikt in die große Auseinandersetzung zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden ein, in dem Deutschland wieder eine Großmachtrolle anstrebt.

Besonders auffällig sei derzeit, so Iris, dass es geradezu verboten sei, über die Vorgeschichte des Konflikts zu sprechen.

Ein weiterer Moderator der Veranstaltung führte den berühmten israelischen Mediziner, Naturwissenschaftler und Religionsphilosophen Jeschajahu Leibowitz an. (Leibowitz hielt der israelischen Gesellschaft immer wieder das Zitat von Grillparzer „Es führt ein Weg von der Humanität durch die Nationalität in die Bestialität“ vor. „Diesen Weg ist das deutsche Volk im [ 20. Jahrhundert] tatsächlich bis zu Ende gegangen, und eben diesen Weg haben wir 1967 betreten.“)

Vieles deute darauf hin, so Iris weiter, dass die Deutschen die besseren Juden sein wollen. Man könne den Eindruck gewinnen, dass Israel als 17. Bundesland betrachtet wird, das gegen die palästinensischen Horden zu verteidigen sei. Die Bild-Zeitung bot die Kippa zum Ausschneiden an. Die Palästinenser werden als Projektionsfläche für Antisemitismus missbraucht. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden würde das unterstützen mit Worten wie: Die Barbaren sind unter uns.

Wie sich diese Stimmung ausbreite, hätte man bei Fridays for Future – Kundgebungen sehen können, bei denen Palästinenser aus der Versammlung verwiesen worden seien, erwähnte Nadija. Sie und auch Iris forderten die Verhinderung von Waffenlieferungen, insbesondere der neuesten Haubitze von Rheinmetall, an Israel. Sie betonten: Was in Gaza geschieht ist kein Krieg, sondern Genozid – und das begleitet von einer grenzenlosen Endsieg-Stimmung in Israel. Nadija: Obwohl das Völkerrecht ein koloniales Instrument sei, müsse man den Spruch des IGH nutzen, verbreiten und einfordern. Er verlangt Maßnahmen für die Zivilbevölkerung, die nur durch den Waffenstillstand erreicht werden könn

Und dazu noch:

Ein Aufgebot von Polizisten versuchte, sich – angeblich wegen Überfüllung – Zugang zu unserer Veranstaltung zu verschaffen, wurde aber abgewiesen. (kurze Erklärung zum Einsatz, Anm. I. M.)

Wir werden diese Provokation nicht hinnehmen und kontaktieren unseren Anwalt um rechtliche Schritte zu unternehmen.

In der Diskussion verstieg sich ein offenbar antideutsch gepolter deutscher Redner darin, Iris Hefets des Antisemitismus zu bezichtigen. Es gibt also wirklich Deutsche, die die besten Juden sein wollen.


Video zur Veranstaltung


Sowie eine sehenswerte Doku mit Nadija Samour

Die Berliner Rechtsanwältin Nadija Samour kämpft mit ihren Kollegen gegen die Unterdrückung palästinensischer Stimmen in Deutschland.

Im Laufe des Jahres 2023 haben sie die verfassungsmäßigen Rechte angesichts der zunehmenden nachteiligen Politik und der Verbote aller palästinensischen Dinge verteidigt.

Seit dem 7. Oktober 2023 gehen die Behörden weiter gegen palästinensischen Aktivismus in Berlin vor, doch Nadija wird ihren Kampf für die Palästinenser nicht aufgeben.


13.11.2023: 20 Jahre Jüdische Stimme – Trauer- und Hoffnungsfeier

Im Schatten der anhaltenden Bombenangriffe auf Gaza markiert der Verein „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“ sein 20-jähriges Bestehen.

Die Vorbereitungen für die Veranstaltung finden in einer schwierigen und überwältigenden Zeit statt. JS-Mitglieder nehmen an Protesten gegen den Angriff auf Gaza teil, veranstalten individuelle Mahnwachen dort, wo Proteste verboten wurden und leisten umfassende Aufklärungsarbeit. Viele ihrer Familienangehörigen oder Freunde sind von den schrecklichen Ereignissen in Israel, Gaza und dem Westjordanland betroffen

Das Programm für den 4. November umfasst Gespräche mit JS-Mitgliedern aus verschiedenen Generationen und aktuelle Stimmen aus Israel-Palästina. Auf der künstlerischen Seite gibt es Bilder von Mohammed Al-Hawajri (Gaza) und eine Installation von Adi Liraz (Israel/Deutschland) sowie musikalische Beiträge.

Heute wie vor 20 Jahren müssen Jüdinnen und Juden in Deutschland dafür kämpfen, dass ihre Stimme für Frieden und Menschenrechte gehört wird. Zum Teil auch gegen den deutschen Staat, der auf der Straße Proteste erstickt und in seinen Verwaltungsbüros Solidaritätsveranstaltungen verhindert – oder es zumindest versucht, wie die Berliner Senatsverwaltung es bei dieser Veranstaltung durch Druck auf den Veranstalter getan hat.

„Unser Verein und unsere Community wachsen, da immer mehr Jüdinnen und Juden der JS beitreten und den Einsatz für Menschenrechte und Antirassismus als Teil ihrer Identität begreifen. Dennoch wird das Umfeld in Deutschland für Juden schwieriger und feindseliger, insbesondere wenn wir mit anderen Minderheiten solidarisch sind. Wir sehen eine zunehmende Instrumentalisierung des Antisemitismus im Dienste des israelischen und deutschen Nationalismus, und gleichzeitig nimmt die Hetze gegen andere Minderheiten auch zu. Deutschland muss endlich verstehen, dass der Kampf gegen Antisemitismus den Kampf gegen alle Formen von Rassismus bedeutet.” – Wieland Hoban, JS Vorsitzender, Komponist und Übersetzer

„Mit unserer Veranstaltung am 4. November wollen wir unserer Trauer Raum geben und unsere jüdischen Stimmen erheben: durch Musik, durch Kunst, durch unser Miteinander – für einen sofortigen Stopp der Gewalt und für gerechten Frieden. Wir schätzen die volle Unterstützung seitens des Oyoun, dessen Team uns von Beginn an solidarisch zur Seite stand.“ – Nirit Sommerfeld, JS-Mitglied, deutsch-israelische Schauspielerin und Sängerin

„Dies ist kein Fest; wir werden feiern, wenn eine Organisation wie unsere nicht mehr benötigt wird, wenn die israelische Besatzung Palästinas vorbei ist und wenn Deutschland seine politische und finanzielle Unterstützung für Menschenrechtsverletzungen einstellt. Vorerst kommen wir als politische Community zusammen, um unsere kollektive Stärke auszubauen, die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht zu verteidigen und den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit für alle – vom Jordan bis zum Mittelmeer – fortzusetzen.“ – Iris Hefets, Psychoanalytikerin und ehemalige JS-Vorsitzende


25.11.2023: Iris Hefets (Jüdische Stimme) über Antisemitismus, Israel, Gaza, deutsche Schuld | MERATV

25.11.2023: Johannes Fehr spricht mit Iris Hefets (Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost) über den Krieg in #Israel und Palästina.

Wir betrauern den Tod vieler Zivilist:innen in Israel und Palästina. Alles ist vor Ort ungehindert im Gange. Fast die Hälfte aller Gebäude in #Gaza beschädigt, mittlerweile seit dem 7. Oktober fast 15.000 getötete Menschen. Gibt es irgendwelche Zeichen für Frieden? Wie sieht deine persönliche Arbeit in Deutschland aus? Welche Schwierigkeiten gibt es dabei (#Antisemitismus, Rassismus) und wie können wir uns einsetzen? Diese und einige Fragen von euch beantworten wir in diesem Interview!

Behandelte Zuschauerfragen: Steht die “Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost” in Verbindung mit Friedensforscher:innen/-organisationen? Welche Positionen andere arabische Staaten über die letzten Jahrzehnte haben und wie das mit der britischen Besatzung Palästinas endete bzw. welche Position Großbritannien heute hat? Wie sieht der Widerstand in Israel aus? Parteien, NGOs und Brücken bauende Projekte, deren Schwierigkeiten und Erfolge. Wie ist das mit dem rassistischen Antisemitismus entstanden? Der Umgang mit der Schuld der Deutschen. Wie kann man psychologisch verstehen, dass der Umgang mit unserer Schuld so abläuft?

22.10.2023 Werner-Seelenbinder-Ehrung

Am 22. Oktober 2023 wurde an Werner Seelenbinder gedacht, der vor knapp 79 Jahren von den Faschisten hingerichtet wurde. Werner Seelenbinder war ein hervorragender Ringer, antifaschistischer Widerstandskämpfer und Kommunist. Die Ehrung erfolgte mit Beteiligung und Unterstützung von SV Tasmania e. V. und dem SV Preußen Berlin e. V, Abteilung Ringen / Stützpunkt Hohenschönhausen.

Hier eine kleine Fotogalerie und Videos einiger ausgewählter Redebeiträge und zweier Lieder, gesungen vom Arbeiter- und Veteranenchor Neukölln zusammen mit dem Hans-Beimler-Chor.

Fotogalerie:

Besten Dank an Uwe Bröckl für die Bereitstellung der Fotos.


Begrüßung und Chor „Die Gedanken sind frei!“

00:00:00 Begrüßung Anke Buttkau
00:00:40 Lied „Die Gedanken sind frei!“; Video: ingmue1957

Redebeitrag: Georg Kreuzer, VVN Neukölln

Video: ingmue1957

Grußwort: Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne)

Video: Ingo Müller

Redebeitrag Jürgen Schulte (Hufeisern gegen Rechts)

Video: Ingo Müller

Redebeitrag: Abgeordneter Ferat Koçak (Linke) und antirassistischer Aktivist Neukölln

Video: Ingo Müller

Chor: „Bella Ciao“

Video: Ingo Müller

Kompletter Videomitschnitt

Werner-Seelenbinder-Ehrung 22.10.2023 Werner-Seelenbinder-Sportpark Reden – Musikbeiträge – Sportshow

00:00:00 Vorspann
00:00:16 Georg Kreuzer, VVN-VdA Berlin Neukölln
00:10:12 Ankündigung Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) durch Georg Kreuzer
00:10:34 Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne)
00:14:14 Ankündigung Arbeiter- und Veteranenchor und Hans-Beimler-Chor
00:14:25 Anke Buttkau, Vorsitzende Arbeiter- und Veteranenchor Neukölln
00:14:50 „Die Gedanken sind frei“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor
00:17:06 „Turner, auf zum Streite“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor
00:18:57 „Frisch Heran – Brüder, hört das Klingen!“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor 00:21:55 Ankündigung Jürgen Schulte, Hufeisern gegen Rechts durch Georg Kreuzer
00:22:06 Jürgen Schulte, Hufeisern gegen Rechts 00:47:11 Ankündigung Ferat Kocak durch Georg Kreuzer 00:47:25 Ferat Kocak, Antirassistischer Aktivist Berlin Neukölln
00:54:02 Ankündigung 2 weitere Lieder durch Anke Buttkau
00:54:05 „Es ist schwer die Welt zu verändern“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor
00:57:36 „Bella Ciao“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor
01:00:33 Refpolk – Grußwort
01:01:00 „Soli-Acapella für die VVN-BdA“ Refpolk
01:02:01 „Niemand Wird Vergessen / Hiç unutmadık“ Refpolk
01:04:15 Ankündigung Trainer SV Ringen Preussen Berlin durch Georg Kreuzer
01:05:11 Rede Trainer Ringer SV Preussen Berlin
01:11:12 Schaukampf Ringer SV Preussen Berlin
01:21:46 Ankündigung Redebeitrag Emil durch Georg Kreuzer
01:21:55 Emil – REVOLUTION
01:24:49 Ankündigung Redebeitrag Mathias Heisig durch Georg Kreuzer
01:25:00 Matthias Heisig (Autor / Schwieriges Gedenken)
01:35:17 Ankündigung Lieder durch Anke Buttkau Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor 01:35:48 „Zieh mit mir hinaus“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor
01:39:34 „Wir sind Moorsoldaten“ Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor
01:34:09 Abspann

22.10.2023, Werner-Seelenbinder-Sportpark Berlin-Neukölln mit Beteiligung und Unterstützung von:
SV Tasmania Berlin e.V. und dem SV Preussen Berlin e.V., Abteilung Ringen/ Stützpunkzt Hohenschönhausen
Redner: Georg Kreuzer, VVN-VdA Neukölln,
Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne),
Jürgen Schulte (Hufeisern gegen Rechts),
Abgeordneter Ferat Kocak (Linke)
Traioner derRinger SV Preussen Berlin,
Emil, REVOLUTION ,
Matthias Heisig, (Autor / Schwieriges Gedenken)

Musikalische Begleitung:
Arbeiter- und Veteranenchor / Hans-Beimler-Chor Refpolk Sportshow:

Sportler:
Ringer SV Preussen Berlin

Kamera:
Heinrich Buecker, Ingrid Koschmieder, Ingo Müller

Musik Vor- und Abspann: Turner zun Streite Bella Ciao

rec: 22.10.2023

19.08.2023: Gedenken an den Kommunisten Ernst Thälmann


Beitrag von Uwe Bröckl

Ernst 19.08
Foto: Ingo Müller

Gedenken an den Kommunisten Ernst Thälmann Anlässlich des 79. Jahrestages der Ermordung von Ernst Thälmann durch die Nazis fanden am Sa, 19. August und So, 20. August mehrere Gedenkfeiern statt. So wurde am Samstag vor dem Denkmal im Prenzlauer Berg und am Sonntag am Ort von Thälmanns letzter Rede im brandenburgischen Ziegenhals an den nach elf Jahren Einzelhaft unbeugsamen Kämpfer gegen Faschismus und Krieg erinnert.


Zitat Ernst Thälmann : „ Ich glaube an den Triumph der Wahrheit und dieser Glaube hält mich
aufrecht in den Prüfungen, die ich jetzt zu bestehen habe….So schwer es ist, diese Einsamkeit
und diese Last zu ertragen, ich will und werde tapfer und mutig aushalten, denn ich weiß,
dass unbeugsamer Wille und fester Glaube Berge versetzen.“
Unter den 120 Genoss*innen waren auch viele Mitglieder der VVN-VdA und VVN-BdA. So
waren und sind die Kamerad*innen der VVN über viele Jahre zu erleben an der Seite der
Friedensbewegung, bei Demonstrationen und Sitzblockaden, Auftritte als Zeitzeug*innen an
Schulen, Gedenkveranstaltungen und Veranstaltungen für eine sozialere Gesellschaft, gegen
Ausbeutung und Armut.
Entmilitarisierung, Demokratisierung, Entnazifizierung und Kampf gegen das große Kapital
sind dabei unsere Grundsätze und Leitlinien unseres antifaschistischen Handelns. Zitat aus
dem Schwur von Buchenwald : „ Die Vernichtung des Nazismus mit all seinen Wurzeln ist
unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen, ja wir leben in turbulenten Zeiten. Lasst uns unsere
Orientierung wiedergewinnen, aus der Verwirrung herauskommen, unsere Positionen klären,
organisierter werden und mit Ernst Thälmanns Optimismus die Welt gerechter und
friedlicher machen
.“


Rede von Heiner Bücker (Transkript)

Ernst 19.08
Foto: Ingo Müller

Die wahren Gründe Russlands für die Intervention in der Ukraine, Heiner Bücker, Coop Anti War Café /
Vor dem Denkmal des von den Nazis im KZ ermordeten Kommunisten Ernst Thälmann.
Bemerkungen zu meinem eigenen Fall im Verfahren wegen Gedenkrede zum Überfall auf die UdSSR.

Hier der Redebeitrag zum Lesen:

Redebeiträge als Video


Die tatsächlichen Gründe für Russlands Intervention in der Ukraine? H. Bücker, Coop Anti War Café, Am Denkmal des von den Nazis im KZ ermordeten Kommunisten Ernst Thälman

Sa 19.8. Ernst Thälmann Denkmal in Berlin – Rede Max Renkl, Freundeskreises „Ernst Thälmann“ e. V.

Fotogalerie:


11. August 2023: Impressionen über die Gedenkveranstaltung für WOLFGANG SZEPANSKY

18. August 2023

„Es ist über zwanzig Jahre her …einige furchtbare Einzelheiten sind mir klar in Erinnerung, so als wäre alles erst vor kurzem geschehen: Am 16. Oktober 1940 wurde ich als „Schutzhäftling“ in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Die Tür der „grünen Minna“, die den kleinen Trupp Gefangener brachte, wurde aufgerissen, wir wurden hinausgejagt und solange mit Fußtritten und Püffen bedacht, bis wir in Reih und Glied standen. Dann mußten wir auf der Lagerstraße am Tor stehen. Auf dem Balkon des Torgebäudes stand ein MG-Posten. Der Lauf des Gewehres war auf uns gerichtet:
„Schicke euch gleich ’ne Ansichtskarte runter, wenn ihr so dreckig kiekt“, brüllte er uns an.“ Quelle: „Der Mahnruf – 20/1961“ Seite 27

am Stand der VVN-VdA beim Signieren seines Buches auf dem Fest „Künstler für den Frieden“ Okt./1985, Foto: Christine Albert

Foto: Ingo Müller

Auf Initiative von Ralf Derwenskus und Uwe Januszewski trafen sich am Freitag, dem 11. August 2023 Weggefährten, Freunde und Kameraden und Kameradinnen der VVN-VdA und vielen Engagierten an der Gedenktafel in der Methfesselstraße 42, um an Wolfgang Szepansky zu erinnern.

Genau vor 90 Jahren schrieb er 22-jährig an die Mauern der damaligen Schultheiß-Brauerei die Worte „Nieder mit Hitler! KPD lebt! Rot Front!“

Er wurde gefasst und in das KZ Columbiahaus zum Verhör gebracht. Nach seiner Entlassung floh er ins Asyl nach Holland

Gedenktafel, Foto: Ingo Müller

An der Gedenkveranstaltung nahmen weiterhin die Bezirksverordnete Corinna Volkmann, der Bezirksverordnete Harald Gindra und der Vorsitzende der Bruno und Else-Voigt-Stiftung,
Klaus-Dieter Schulz teil.

Foto: Ingo Müller

Ralf Derwenskus eröffnete die Veranstaltung mit Erinnerungen an Regina Szepansky, Tochter von Gerda und Wolfgang. Sie engagierte sich mit ihren Eltern in der Erinnerungsarbeit und begleitete ihren Vater nach dem Tod von ihrer Mutter 2004 bei vielen Gedenkveranstaltungen. Lange war sie Vorstandsmitglied in der Berliner Geschichtswerkstatt, Mitglied der VVN-BdA und im Verein „Sie waren Nachbarn“ aktiv. Außerdem erinnerte Ralf Derwenskus an Petra Kühne-Sager, Mitinitiatorin der Gedenktafel und langjähriges Vorstandsmitglied des Aktiven Museums.


Foto: Ingo Müller

Trille Schünke, Vorständin der Berliner VVN-BdA, sprach über die Bedeutung von Wolfgang und Gerda Szepanskys Wirken in der VVN-BdA. Mitte der 1970er Jahre gehörte Wolfgang als Vorsitzender der VVN zu denen, die leidenschaftlich für die Öffnung der VVN für jüngere Antifaschist*innen stritten und sie schließlich auch durchsetzten, sodass es sie heute auch noch als älteste antifaschistische Organisation gibt.


Foto: Ingo Müller

Oliver Schworck, Stadtrat in für Jugendhilfe und Gesundheit in Tempelhof-Schöneberg und mitverantwortlich für die Realisierung der Gedenktafel für Wolfgang Szepansky sprach über die Aktion von 1933 und seinen weiteren Leidensweg in der Zeit des Nationalsozialismus.


Foto: Ingo Müller

Uwe Januszewski, enger Weggefährte von Wolfgang und Gerda Szepansky und Mitinitiator der Gedenktafel, las aus Wolfgangs Autobiografie vor und berichtete über seine Aktion von 1933.


Anschließend legten die Teilnehmenden Blumen nieder.

Foto: Ingo Müller

Hier das Video zur Gedenkveranstaltung.

Video: Ingo Müller

Kleine Fotogalerie von Ingo Müller

Foto: Ingo Müller, 11.08.2023

Die Eltern von Hans Coppi, Zentralfriedhof Berlin, Foto: Ingo Müller, 03.10.2023

Ukraine – welchen Staat unterstützt Deutschland da eigentlich?

Veranstaltung von “Frieden gewinnen, nicht den Krieg!” am 14. Juli 2023 in der Mediengalerie – Referent: Werner Rügemer.

Conny Renkl berichtet:

Um 18 Uhr war der Raum mit über 100 Personen übervoll. Einige KollegInnen nahmen es sogar in Kauf zu stehen. In der Begrüßung zu dieser fünften Veranstaltung in unserer Vortrags- und Diskussionsreihe stellte Kameradin Brigitte Renkl (VVN-VdA Neukölln) den Referenten vor:

Dr. Werner Rügemer ist in Bayern aufgewachsen. Hat in München, Tübingen, Berlin und Paris studiert. Er hat in Bremen über den Philosophen Arnold Gehlen promoviert (nicht zu verwechseln mit dem Faschisten, Militaristen und BND-Gründer Reinhard Gehlen – hier ergänzte Werner Rügemer dass Reinhard Gehlen der Bruder von Arnold Gehlen gewesen sei).
Werner ist freier Autor und publiziert u.a. in Ossietzky, jungeWelt und NachDenkSeiten. Er hat sich gründlich mit neuen Entwicklungen im Kapitalismus auseinandergesetzt wie den Riesenkonzernen der sog. digitalen Plattformökonomie, also Amazon, Microsoft, Apple, Meta-Facebook, Google-Alfabet u.a. Dazu die Konzerne der Finanzmärkte, die Hedgefonds oder die Private Equity Monster US-amerikanischer Provenienz wie z.B. Black Rock. Zu Black Rock, in dessen deutscher Repräsentanz bekanntlich CDU-Merz eine führende Rolle spielt, organisierte er ein Tribunal in Berlin zusammen mit Peter Grottian. Bekannt wurde besonders sein Buch: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Im Blick hat Rügemer dabei stets nicht nur die Kapitalisten, sondern den zweiten Part im Kapitalverhältnis: Die lohnabhängigen Werktätigen und ihre Rechte. „Arbeitsunrecht“ und die „Fertigmacher“ heißen seine Bücher. Für sein mutiges Engagement wurde Werner auch mit Prozessen überzogen so vom Bankhaus Sal. Oppenheim (früher Pferdmenges, heute Deutsche Bank), von Du Mont und dem Institut zur Zukunft der Arbeit (gegründet von der Deutschen Post).

In einem neuen Prozess geht es am 10.8. in Köln um Zensur durch die Berliner Zeitung zugunsten solcher Ukraine-Aufrüster und Kriegsverlängerer wie Pistorius oder Strack-Zimmermann!

Wenn Werner Rügemer gelegentlich kritisiert wird, dass er zu sehr auf die USA als Bedrohung der Menschheit fixiert sei, so muss deutlich gesagt werden: Werner weiß sehr wohl zu unterscheiden zwischen dem US-Imperialismus, dem selbsternannten Weltgendarmen und dem Volk der USA, den amerikanischen Werktätigen, den Vielen, die wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft benachteiligt werden. Und in seinem Buch „Imperium EU“ erteilt er dem Großmachtgehabe der EU und seiner deutschen Hegemonialmacht eine deutliche Absage. Neu ist jetzt bei PapyRossa erschienen: „Verhängnisvolle Freundschaft – wie die USA Europa eroberten – Vom 1. zum 2. Weltkrieg“.

Zum Thema führte der Referent aus, dass die Ukraine kein selbständiger Staat sei, sondern Aufmarschgebiet für den „Westen“. Die Ukraine sei der höchstverschuldete Staat der Welt und erhält vom sonst so knauserigen IWF weiterhin Kredite zu unvergleichlich günstigen Bedingung. Die USA haben den Land-Lease Act wiederbelebt, der 1940 – im 2. Weltkrieg also – Großbritannien die Möglichkeit „nicht-monetärer Rückzahlung von Krediten“ eröffnete. Die Rückzahlung erfolgte dann nach dem Krieg durch „großzügige Überlassung von Stützpunkten im britischen Kolonialreich“. Die Ukraine sei auch der korrupteste Staat der Welt, seine Souveränität steht eigentlich nur noch auf dem Papier.

Die Ukraine ist der Schlüsselstaat zur Eroberung Eurasiens. In dieser Weise hat der bekannte US-Stratege Brzeziński die ehemalige Sowjetrepublik in seinem Buch von 1997 „Die einzige Weltmacht“ charakterisiert. Das Vorwort der deutschen Übersetzung hat immerhin der ehemalige deutsche Außenminister Genscher verfasst. Dort wird von einem kompakten Gebilde geträumt, das sich zur Abwehr Chinas von Lissabon bis Wladiwostok erstrecken müsse.

Bereits unter Präsident (von 1994 bis 2005) Kutschma wurde die Ulkraine „neoliberal zugerichtet“. Als Beispiele nannte Werner Rügemer u.a. Philip Morris. Die haben die ukrainische Zigarettenindustrie zu einem Spottpreis gekauft, mussten nur Niedrigstlöhne und praktisch keine Steuern zahlen. Die Ukraine wurde so zur Zentrale für den Zigarettenschmuggel in ganz Europa. Der Schaden, der der EU dadurch entstanden ist, wurde auf vier Milliarden Euro beziffert. Die EU-Kommission hat zwar geklagt. Es wurde ein Vergleich geschlossen, aber die Ukraine nie dazu angehalten, die geforderten Zahlungen zu leisten. Auch hier sei Black Rock als Aktionär von Philip Morris mit von der Partie.

Als weiteres Beispiel wurde ausgeführt, wie das Agrobusiness der Ukraine, die ja einer der größten Getreideexporteure der Welt ist, aussieht. Während etwa 7 Millionen Bauern ihre Existenz auf 2-3 ha Land fristen, ist das wirkliche Geschäft in festen Händen, nämlich in der Hand solcher Konzerne wie Cargill (größter Getreidehändler der Welt) John Deere (Landmaschinen), Glencore (mit Sitz in der Schweiz als Grundbesitzer und Verarbeiter) und nicht zuletzt Bayer/Monsanto (Düngemittel, Pestizide). Sie operieren mit ukrainischen Oligarchen, die ihren Sitz z.B. in Luxemburg oder Zypern haben.

In der Ukraine sitzen viele Zulieferer für deutsche und andere europäische Konzerne in der Auto-, Textil- und Pharmabranche. Der Mindestlohn betrug 2014 Euro 0,34, heute liegt er bei 1,21 Euro. 5 Millionen Wanderarbeiter verdingen sich in Rumänien, Polen u.a., wo der Mindestlohn bei 3 bis 4 Euro/h liegt.

Polnische Agenturen vermitteln ukrainische Frauen in der BRD für 24 Stunden Pflegejobs, bei denen aber nur 8 Stunden bezahlt werden (siehe der bekanntgewordene Fall vor dem Bundesarbeitsgericht).

Die von Selenskij 2022 durchgedrückte Arbeitsrechtsreform lassen jetzt sog. Null-Stunden-Verträge zu, bei denen nur bezahlt wird, wenn der Kapitalist tatsächlich die Arbeitsleistung abruft. Gegen Kündigungen kann nicht mehr geklagt werden. Gewerkschaften, die aus der Zeit der Sowjetunion noch über Häuser verfügen, können enteignet werden.

Besonders Frauen sind von der Verarmung betroffen. In der Ukraine herrscht ein besonders großes Auseinanderklaffen der Löhne für Frauen und für Männer. Besonders ausgebreitet hat sich die Leihmutterschaft, die in der Ukraine etwa 60.000 Euro kostet, während in den USA z.B. etwa 250.000 Dollars bezahlt werden. Das zum Thema „feministische Außenpolitik“.
Ausgerechnet Black Rock wurde zum offiziellen Koordinator des Wiederaufbaus der Ukraine ernannt. – Da weiß man doch wenigstens, dass nichts in falsche Hände kommt.

Nach dem Referat entwickelte sich eine angeregte Diskussion insbesondere auch um die Frage, ob die Ukraine ein faschistischer Staat sei. Werner Rügemer gab viele Hinweise zur Wiederbelebung der faschistischen Traditionen, meinte aber, dass die Debatte darum in die falsche Richtung weise; es genüge schon, was dieses arme Land unter der neoliberalen Knute zu erdulden hatte und hat. Es hatte bereits vor dem Krieg die ärmste und am meisten kranke Bevölkerung Europas.

Als Fazit hielt Kamerad Benedikt Hopmann fest, dass wir uns nicht nur in der militärischen Auseinandersetzung, sondern in einem sozialen Krieg befinden, den wir mit der wahnsinnigen Rüstungsoffensive und den damit überall drohenden Kürzungen im sozialen Bereich, bei Bildung und Gesundheit, mit den massiven Reallohnsenkungen zu verlieren drohen, wenn nicht die Gewerkschaften und die Friedensbewegung wieder zusammenfinden und den Kampf gegen Krieg und Kapitalismus führen. Dabei geht es auch, wie ein Teilnehmer erklärte, um die Durchsetzung der sozialen Menschenrechte, wie sie völkerrechtlich verbindlich im sog. UNO-Sozialpakt (1966) festgelegt wurden. Diese Seite des Völkerrechts bemühen unsere SpitzenpolitikerInnen lieber nicht.

Der vollständige Vortrag mit vielen weiteren aufschlussreichen Einzelheiten kann hier nachgelesen werden.

03.06.2023: Mitglieder der „Anti-Nato-Aktion“ aus Athen berichten

Vorbemerkung: Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Es geht darum, den Frieden zu gewinnen, nicht den Krieg!“ informierten uns eine Vertreterin und ein Vertreter der „Anti-Nato-Aktion“ aus Athen über ihre Einschätzungen, Ziele und die Situation in Griechenland. Wir hatten beide im Herbst letzten Jahres kennengelernt anlässlich der ersten öffentlichen Vorstellung ihres Bündnisses. Unser Besuch in Athen fand statt in Zusammenhang mit der 2012 gegründeten gewerkschaftlichen Solidaritätsgruppe „Gegen Spardiktate und Nationalismus“.

Im Folgenden geben wir die Übersetzung ihres Vortrages vom 3. Juni 2023 wieder:

Was wir sind und wie wir den Krieg einschätzen

Die Anti-NATO-Aktionsgruppe wurde nach dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine von Menschen gegründet, die aus verschiedenen politischen Zusammenhängen der Linken und des anarchistisch-autonomen Spektrums stammen oder diesen angehören und sich von dem vorherrschenden Narrativ über den Krieg in der Ukraine erdrückt fühlten. Wir untersuchten die Ereignisse und versuchten, Informationen aus vom Westen nicht kontrollierten Quellen zu erhalten. Wir sind der Meinung, dass für die auf dem Territorium der Ukraine unvermindert weiterbestehende Tragödie, für den Tod von Hunderttausenden von Ukrainern, Russen und Russinnen, für die Flüchtlinge, für die Zerstörung der sozialen Infrastruktur, für die enorme Umweltzerstörung, für das Risiko eines dritten Weltkriegs und eines nuklearen Holocausts – die Verantwortung bei der NATO liegt. Die USA können nicht tolerieren, dass ihnen nicht die ganze Welt gehört. Welchen Existenzgrund hat heutzutage die NATO, wenn der Vorwand, die Existenz des Warschauer Paktes, schon vor vielen Jahrzehnten entfallen ist? Wie würden sich die USA verhalten, wenn Russland Raketen in Mexiko aufstellen würde?

Die Tragödie in der Ukraine begann nicht mit der speziellen Militäroperation Russlands im vorigen Jahr. Sie begann mit dem von den USA und der EU initiierten Putsch auf dem Maidan im Jahr 2014. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung wurde von den US-Diensten ausgenutzt, um die rechtmäßige Regierung zu stürzen, weil letzte es wagte, die räuberischen Vereinbarungen mit der EU in Frage zu stellen. Es folgte ein blutiger Bürgerkrieg, in dem rechtsextreme/neonazistische Gruppen organisiert und bewaffnet wurden und nicht nur mörderische paramilitärische Aktivitäten entwickelten, sondern auch Posten im Staatsapparat und in der Armee besetzten. Das Massaker am 2. Mai 2014 im Gewerkschaftshaus in Odessa war der Höhepunkt der Gewalt. Entführungen, Morde, Bombenanschläge, das Eindringen der Panzer des Kiewer Regimes in die Städte des Donbass und rassistische Angriffe auf russischsprachige Menschen (abwertend „moskal“ genannt) waren in der Ukraine Realität. Aber die Verbreitung dieser Tatsachen scheiterte am „eisernen Vorhang“ von Desinformationen, Halbwahrheiten und Lügen, der von den westlichen Medien errichtet wurde. Die Minsker Vereinbarungen von 2015 wurden nicht eingehalten. Frau Merkel erklärte sogar unverblümt, dass dies nur ein Trick war, um Zeit zu gewinnen, damit die Kriegsmaschinerie der Ukraine gegen Russland ausgebaut werden kann.

Seitdem führen die Menschen im Donbass mit der industriellen Arbeiterklasse im Zentrum des Widerstands und durch selbstorganisierte Milizen, einen harten Kampf um ihr Leben, ihre Würde und ihre Freiheit. Im Jahr 2017 wurden im Donbass 40 Verstaatlichungen/Sozialisierungen angekündigt. Es ist nachvollziehbar, was dies in einem Europa bedeutet, in dem die herrschenden Kräfte den Neoliberalismus und die Privatisierung als Religion betrachten. Wir verstehen, warum der Westen diese Alternative um jeden Preis vernichten will.

Unserer Ansicht nach ist der Krieg in der Ukraine kein Krieg zwischen Russland und der Ukraine, sondern ein Krieg, den die NATO auf dem Territorium der Ukraine bis zum letzten Ukrainer führt, um ihre Hegemonie in der Region aufrechtzuerhalten, um das unkontrollierbare Russland mit NATO-Truppen einzukesseln. Und um in einem zweiten Schritt den großen wirtschaftlichen Rivalen der USA, um China zu unterwerfen.

Die aktuelle Situation in Griechenland

Die griechische Regierungdes MinisterpräsidentenMitsotakis, dessen Partei, die Nea Demokria (ND), gestärkt aus den Wahlen vom 21. Mai hervorging und voraussichtlich die Wahlen am 25. Juni gewinnen wird, ist eine der untertänigsten Regierungen in der EU und in der NATO. Sie ist führend bei der Lieferung von militärischer Ausrüstung an die Ukraine. Das Territorium Griechenlands ist mit US-Stützpunkten gegen Russland gespickt. „Wir befinden uns im Krieg mit Russland“, sagen Vertreter der Regierungspartei und setze n unser Land als der Gefahr aus, zum Kriegsziel zu werden.

Im Hafen von Alexandroupolis werden Schiffe mit Kriegsmaterial entladen und von dort aus an die Front gebracht. Militärische Ausrüstung wird aus den Lagern des Landes entfernt und in die Ukraine geschickt, wie z. B. gepanzerte BMP1-Fahrzeuge, und jetzt ist die Rede davon, S-300-Raketen und sogar Leopard-Panzer zu schicken. Die militärische Infrastruktur der USA wird in Souda auf Kreta, in Thessalien, in Andravida usw. ausgebaut und verstärkt. Abgesehen von dem, was an die Öffentlichkeit gelangt, wissen wir nicht genau, was Griechenland in die Ukraine schickt, da dies Gegenstand von Geheimgesprächen zwischen beispielsweise Bundeskanzler Scholz und Ministerpräsident Mitsotakis ist, und die Antwort auf Fragen der Opposition lautete bisher, dass dies aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ nicht bekannt gegeben werden darf. Wir wissen jedoch, dass unser Land ungeheure Summen für militärische Ausrüstung im Dienste der NATO ausgibt, während gleichzeitig Krankenhäuser und Schulen geschlossen werden.

Die griechische Regierung ist auch Vorreiterin bei der Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Sie hat die historischen Kooperationsbeziehungen, die wir mit Russland hatten, abgebrochen, mit erheblichen Folgen zum Beispiel für die Agrarwirtschaft und den Tourismus. Gleichzeitig wird in den Mainstream-Medien eine antirussische Welle im McCarthy Stil losgetreten. Jeder, der es wagt, eine andere Meinung zu äußern, wird als Putin-freundlich abgestempelt. Gegen die Gesetzgebung verstoßend hat die Regierung willkürlich die Webseiten von RT geschlossen und den Zugang zu unkontrollierten Quellen gesperrt. Ein Konzert des Friedens und der Solidarität mit dem ukrainischen Volk wurde von den Medien als „pro-Putin“ verunglimpft, weil es nicht von antirussischen Slogans begleitet wurde. Sogar eine Aufführung des Balletts Schwanensee wurde abgesagt!

Wie steht das griechische Volk zu all dem. Die Ergebnisse einer Umfrage sind interessant: Eine Mehrheit von zwei Dritteln ist der Meinung, dass die Lieferung von Kriegsmaterial an die Ukraine Griechenland gefährde. Konkret antworten 63 % mit „ja“ und „wahrscheinlich ja“ auf die Frage, ob „die Entscheidung, Kriegsmaterial in die Ukraine zu schicken, eine Gefahr für Griechenland darstellen könnte”. Gleichzeitig sind jedoch 32 % der Meinung, dass sowohl humanitäre Hilfe als auch Kriegsmaterial geschickt werden sollte, während nur 1 % sagt, dass „nur Kriegsmaterial“ geschickt werden sollte. Die Mehrheit der Befragten, nämlich 61 %, spricht sich dafür aus, nur humanitäre Hilfe für die Ukraine zu leisten. Interessant sind die Antworten auf die Frage: „Wer ist für die derzeitige Situation in der Ukraine verantwortlich“. Fast jeder Zweite, nämlich 47 %, ist der Meinung, dass alle gemeinsam verantwortlich sind, d.h. Russland, die Ukraine, die EU und die USA, während 29 % der Meinung sind, dass die Verantwortung hauptsächlich bei Russland liegt und 17 %, dass sie hauptsächlich bei den USA liegt.

Bei der Stellung zum Krieg in der Ukraine in linken und anarchistisch-autonomen Zusammenhängen sowie in Strukturen der Bewegungen ist die pro-NATO-Haltung marginal und die Haltung der „gleichen Abstände“ (gegenüber der NATO und zu Russland) die vorherrschende Strömung.Als Ergebnis der Diskussionen kleinerer Kollektive (zu denen unsere Gruppe gehört), die vertreten, dass die NATO besiegt werden muss, entstand die „Antiimperialistische Koordinierung für die Niederlage der NATO“.

Was sind unsere Ziele als Anti-NATO-Aktion?

1. Über die Tatsachen in der Ukraine und die Haltung anderen Teilen der Welt zu informieren
2. Die Teilnahme an Aktionen, die das Anti-NATO- und antiimperialistische Bewusstsein im griechischen Volk stärken
3. Die Beteiligung an einer breiten Front für den Frieden mit dem Hauptziel, die Beteiligung Griechenlands an der Lieferung von Kriegsmaterial und die Verhängung von Sanktionen zu beenden.

Als Anti-NATO-Aktion setzen wir uns dafür ein, dass die NATO den Krieg nicht gewinnt, denn deren Niederlage ist ein Gewinn für den Frieden und die gesamte Menschheit (für alle Völker). Der NATO sollte nicht gelingen das durchzusetzen, was sie im Irak, in Libyen und in Jugoslawien erreicht hat, die Zerschlagung von Ländern, die sich den Befehlen des Westens widersetzen. Wenn sie in der Ukraine erfolgreich ist und Russland unterwerfen kann, werden der Iran, Kuba, Venezuela und Nordkorea folgen. Dagegen wird die Niederlage der NATO den Weg für eine multipolare, vielgestaltige Welt ebnen. Der Westen, in dem 25% der Weltbevölkerung leben, könnte nicht mehr dem Rest der Menschheit seinen Willen aufzwingen. Die Völker werden in der Lage sein, selbst zu entscheiden.

Kurzer Rückblich auf unsere historischen Erfahrungen

Griechenland ist ein Land, das stark vom westlichen Imperialismus, den USA und der NATO abhängig ist. Unser Volk hat für diese Beziehung mit Blut bezahlt. Nach dem Sieg über den Faschismus im Zweiten Weltkrieg richtete Großbritannien seine Waffen gegen die griechischen WiderstandskämpferInnenund trieb das Land in den Bürgerkrieg. Im Jahr 1947 übergab Großbritannien den blutigen Staffelstab an die Vereinigten Staaten, die seither ein wichtiger Faktor in der politischen Entwicklung des Landes sind. Im Jahr 1952 trat Griechenland der NATO bei. Die USA förderten und unterstütztem von 1967 bis 1974 die Diktatur der Obristen.

Im Aufstand am Polytechnikum in At hen hat 1973 hat ein Panzer die Stützen des Haupttores der Universität eingerissen, um den Aufstand blutig niederzuschlagen. Das Tor war mit den Worten „Raus mit den USA“, „Raus mit der NATO“ beschrieben worden. Seither begehen wir jährlich den Jahrestag des Aufstandes am Polytechnikum mit einem Marsch zur amerikanischen Botschaft. 1974 sah sich sogar der rechtsgerichtete Ministerpräsident Karamanlis gezwungen, den militärischen Teil der NATO unter dem Eindruck der Ereignisse auf Zypern zu verlassen. Damals organisierte die griechische Junta einen Putsch, um Griechenland mit Zypern zu vereinen. Die Türkei reagierte darauf mit der Invasion und Besetzung Nordzyperns. Im Jahr 1980 kehrte das Land in den militärischen Teil der NATO zurück.

Nach dem Sturz der Junta und über zwei Jahrzehnte lang hatten Antiamerikanismus und Antiimperialismus in breiten Schichten des griechischen Volkes Wurzeln geschlagen. Die Parolen „Raus mit den Militärbasen des Todes“, „Mörder der Völker Amerikaner“ (Anm. der Übersetzerin: Mit „Amerikaner“ ist die Politik der USA gemeint.) waren Losungen auf riesigen Demonstrationen. Doch allmählich wurde dieses Bewusstsein schwächer. Die antiamerikanischen und antiimperialistischen Töne wurde von der PASOK (der griechischen Sozialdemokratie, die jahrzehntelang regierte) schnell aufgegeben. Das Argument, das die Regierungen anführten, um das Land in dem blutigen Bündnis zu halten, war, dass wir bei einem Austritt niemanden hätten, der uns im Falle eines Angriffs der Türkei beschützen könnte. Der Rückgang der Anti-NATO-Aktionen des Volkes ließ allen bisherigen Regierungen reichlich Spielraum, sich tief in das NATO-Abenteuer zu verstricken. In vielen Teilen des Landes wurden NATO-Militärstützpunkte errichtet, die die Völker bedrohen, die sich der amerikanischen Hegemonie widersetzen. Zudem machen sie sowohl unser Land als auch unser Volk zu einem Kriegsziel. Leider hat sich auch die Regierung unter Premierminister Tsipras (2015–2019), der mit linken Parolen antrat, den Forderungen der NATO gebeugt und die Stützpunkte erweitert und verstärkt.“

Nach dem Vortrag und anschließender Diskussion kamen wir überein, die politischen Kontakte aufrecht zu erhalten und uns über den aktuellen Stand der Antikriegsbewegung in unseren Ländern zu informieren. Sollte sich der Anlass oder die Möglichkeit einer koordinierten Aktion in Athen, Berlin und anderen Städten ergeben, wollen wir dies gemeinsam in Angriff nehmen.