Totgeschwiegen – ein Reinickendorfer Museum der anderen Art!

Bericht über den Besuch

Menschen mit psychischen und physischen Einschränkungen wurden und werden immer wieder ausgegrenzt, versteckt. Für Eltern, die ihre Kinder lieben, ist das schon immer eine schwere Belastung.

1880 wurde vor den Toren von Berlin die „Irren- und Idiotenanstalt der Stadt
Berlin zu Dalldorf“
gegründet und weitere rund um Berlin.

Hier sollten psychisch kranke Menschen in einer schönen Umgebung leben können. Ärzte und Betreuer kümmerten sich um sie. Durch landwirtschaftliche Arbeit konnten sie sich zum Teil selbst versorgen. In den 1920er Jahren wurde die Einrichtung in Wittenauer Heilstätten umbenannt.

Bis heute kennt man die Ursachen der geistigen Einschränkungen nicht. Das hielt aber einige Ärzte und Politiker der Nazizeit nicht davon ab, die Kranken als unwerte Menschen zu bezeichnen, die die Volksgesundheit gefährden. Zwangssterilisation wurden rechtmäßig eingeführt. Tausende Kinder und Erwachsene wurden durch Arbeit, Mangelernährung und Versuche ermordet.

Der Ausstellungstitel „totgeschwiegen“ erinnert an die Menschen, an die viele sich nicht erinnern wollen. Auch heute wird der Wert der Menschen von Rassisten an Hand von Verwertbarkeit klassifiziert. Ein Björn Höcke darf sich 2023 im Sommerinterview gegen Inklusion auslassen. „Projekte, die unsere Schüler nicht weiterbringen, die unsere Kinder nicht leistungsfähiger machen und die nicht dazu führen, dass wir aus unseren Kindern und Jugendlichen die Fachkräfte der Zukunft machen“ sollen nach seiner Aussage eingestellt werden.

1957 wurden die Wittenauer Heilstätten umbenannt in Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, heute geführt von Vivantes. Die Probleme von damals existieren noch heute. Geistig eingeschränkten Menschen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen, erfordert für sie einen Schutzraum und Unterstützung und kostet somit Geld. Auf dem Gelände befindet sich hinter einem hohen Zaun das Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Hier, in der Forensischen Psychiatrie, sind Menschen untergebracht, die Straftaten begangen haben, für die sie auf Grund ihrer psychischen Erkrankung nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Durch eine Behandlung mit Psychopharmaka sollen sie wieder einen Weg in die „betreute“ Freiheit wiedererlangen. Das ist der Wunsch, die Realität in einer überbelegten Einrichtung sieht anders aus.

Wir, Mitglieder der VVN-VdA und der Linken Reinickendorf hatten am 17. März die Ausstellung besucht.

Eine Führung mit Erläuterungen können wir nur empfehlen

Öffnungszeiten und weitere Informationen hier
https://www.totgeschwiegen.org/ . Ein Führung mit Erläuterungen können wir
nur empfehlen.

Text: Klaus Murawski

Anschließend folgte ein Besuch zu den ehemaligen Friedhof der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, der immer mehr in Vergessenheit geraten wäre, wenn es nicht den „Freundeskreis Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof“ geben würde. Im Januar 2022 konnte der Gedenkort offiziell durch die Anbringung einer Gedenktafel an der restaurierten Friedhofsmauer eingeweiht werden.

Kleine Chronik:

1869 wurde das Gut Dalldorf zur Einrichtung einer „Städtischen Irrenanstalt“ erworben.

1880 wurde die Einrichtung als „Städtische Irrenanstalt Dalldorf“ eröffnet.

1925 eröffnete die Anstalt ihre „Nervenklinik Wiesengrund“ für männliche Patienten. Im gleichen Jahr wurde die „Irren- und Idiotenanstalt“ im Zusammenhang mit den Reformbestrebungen der Weimarer Zeit umbenannt: Die „Irrenanstalt Dalldorf“ wurde zu den „Wittenauer Heilstätten“ und die „Idiotenanstalt“ zur „Erziehungsanstalt der Wittenauer Heilstätten“

Nach 1933 bildete im NS-Gesundheitswesen die „Erb- und Rassenpflege“ einen Schwerpunkt.

1934 wurde dann das „Erbgesundheitsgesetz“ verabschiedet.

1939 erfolgte die Deportation der Kranken in die Tötungsanstalten Obrawalde, Brandenburg, Grafeneck und Hadamar.

1943 November ein Bombenangriff zerstörte teile der Anstalt.

Nach 1945 wirkten die Wittenauer Heilstätten als psychiatrisches Krankenhaus.

1967 die Umbenennung in Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik

1994 wurde am Haupteingang eine Bronzetafel angebracht, zum Gedenken der Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen der Wittenauer Heilstätten

Am 1. Januar 1997 wurde die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik mit dem Humboldt-Krankenhaus zum Krankenhaus Reinickendorf vereinigt

1. Januar 2001 gingen alle landeseigenen Kliniken, außer dem Krankenhaus des Maßregelvollzugs, im Krankenhauskonzern Vivantes auf

von 1880 und 2006 war die KBoN eine psychiatrische Klinik in Berlin.

Seit 2019 ist das Gelände der KBoN eine Erstaufnahme von Asylsuchenden und Auf dem Gelände befindet sich das Krankenhaus des Maßregelvollzugs Berlin.

Kleine Chronik der Ausstellung „Totgeschwiegen“

1988: Eröffnung in der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, Obergeschoss des Hauses 4


1989: Umzug ins Landesarchiv Berlin


1991: nach Überarbeitung Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, Kirchensaal im Haus 14


1995–1996: Leihgabe an das Museum Guislain im belgischen Gent


bis 2005: gezeigt im Humboldt-Klinikum, Standort Oranienburger Straße, Quergebäude des Hauses 14


Sommer 2005: kurz gezeigt im Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge

Januar 2009: nach Neukonzipierung und Umbenennung auf Bitten der Familie Bonhoeffer in „Totgeschwiegen 1933–1945“. Die Geschichte der Wittenauer Heilstätten, seit 1957 Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik. Humboldt-Klinikum, Standort Oranienburger Straße, Haus 10

März 2013[52] Erweiterung im Rahmen des Berliner Themenjahrs Zerstörte Vielfalt um die Ausstellung Doppelt Stigmatisiert. Schicksale Jüdischer Psychiatriepatienten in Berliner Heil- und Pflegeanstalten unter dem NS-Regime. derselbe Ort

((Quellen:

https://freundeskreis-anstaltsfriedhof.jimdofree.com/der-freundeskreis/

https://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik

https://www.totgeschwiegen.org/ausstellung.html))