13.09.2020: Rede von Detlef Fendt

zum Tag der Erinnerung und Mahnung
75 Jahre Tag der Opfer des Faschismus.
13. September 2020
Fest und Kundgebung am Rosa-Luxemburg-Platz


Detlef Fendt,
Mitglied der IG Metall, früher IGMetall-Vertrauenskörperleiter
bei Daimler Benz, Stadtteikaktivist, aktiv bei der Neuköllner Initiative „Hufeisern gegen Rechts“, mehrere Brandanschläge,vermutlich von Neonazis,
wurden in den letzten Jahren auf Autos von ihm verübt.

Würden sich Gewerkschaften nur für Lohngerechtigkeit,
Gleichberechtigung am Arbeitsplatz, oder Mutterschutz einsetzen,
stünde ich nicht hier.

Zu den Verhältnissen in unser Gesellschaft gehört der Interessengegensatz von Lohnarbeit und Kapital, rassistische Ausgrenzung, die Spaltung der Gesellschaft in Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und
Antisemitismus !

Das ist die ideologische Basis für
Identitäre,
Reichsbürgern
Verschwörungstheoretiker und
Nazis mit Ihrem offenen Terror,
Dagegen kämpfen wir Gewerkschafter an!

In der IG Metall, sind 2,2 Millionen Kollegen organisiert, davon haben hunderttausende Menschen Migrationshintergrund.
Das ist doch ein deutliches Zeichen dass wir eine große politische Organisationfür alle sind, die ihre politischen Interessen einbringen
Wir gestalten miteinander, unabhängig von Herkunft, Muttersprache oder
Staatsangehörigkeit.

Aus dieser Überzeugung ist die IG Metall eine wichtige ANTIFA in diesem Land.Wir haben uns mit unserer Satzung dazu verpflichtet, die
demokratischen Grundrechte zu wahren und zu verteidigen, für sie zu streiten und zu strei-ken.

Vor 100 Jahren haben wir unser Ziel temporär erreicht, als wir den Spuk des Kapp-Putsches durch Generalstreik hinwegfegten. Wären wir heute wieder weitsichtig genug, stark genug, solidarisch genug?

Als Ziel formulieren wir: Demokratisierung der Wirtschaft unter Fernhaltung von neofa-schistischen militaristischen und reaktionären Elementen.

Die Sache betrifft uns, denn unser gewerkschaftliches Selbstverständnis geht weit über die betriebspolitische Ebene hinaus.
Rechte und Konservativen Kräfte, gerade die AfD, sägen in gewisser Weise an unserem ge-werkschaftlichen Selbstverständnis, denn die AfD
verknüpfen Sozialpolitik ganz klar mit Zuwanderung – und damit liefert sie eine Basis für ei-ne sozialpolitische Ideologie der Entsolidarisierung und der Aufspaltung der Gesellschaft in Schützenswerte und Unerwünschte.
Ich bin immer wieder erstaunt, dass sie versuchen ,sich als Anwalt und Stimme der arbei-tenden Menschen darzustellen.

Sehen wir genau hin!
Wie sieht die AfD-Politik tatsächlich aus?“?

Die Leistungen der sozialen Sicherungssystheme sollen zukünftig nur innerhalb einer klar definierten, begrenzten Gemeinschaft erbracht werden.
Höcke will höhere Altersrenten dadurch finanzieren, das Nichtdeutsche keine gesetzliche Rente mehr beziehen dürfen.
Wir erinnern uns:Kindergeld gab es im 3. Reich auch nur für arische Eltern.
Ganz schnell lässt sich also in einem der gewerkschaftlichen Kernthemen, der Wirtschaftspolitik, aufzeigen, wo z.B. die fundamentalen Gegenerschaft zwischen der AfD und uns liegen.

Die AfD will in guter wirtschaftsliberaler Tradition einen ungebremsten, deregulierten Markt. Gleichzeitig wollen sie Rechte der Interessenvertretung einschränken und organisie-ren Spalterbewegungen in den Betrieben unter Beteiligung bekannter Nazis.

Darüber hinaus versuchen Sie die Belegschaften und Gewerkschaftliche Interessenvertretun-gen durch eigene rechte Listen bei BR-Wahlen zu spalten.

Blau ist das neue Rot der Arbeinehmer – Ist Ihr Spaltermotto.

In der IG Metall, sind 500.000 Menschen mit Migrationshintergrund
organisiert.

Damit sind wir eine sehr wichtigen großen politische Organisation, in die Menschen mit Migrationshintergrund ihre politischen Interessen einbringen können und leben.

Wir gestalten miteinander,
unabhängig von Geburtsland,
Muttersprache oder
Staatsangehörigkeit.

Wir haben vor einigen Jahren die Initiative Respekt gestartet, mit der wir uns ganz klar ge-gen Rassismus und Ausgrenzung positionieren.

In den Betrieben diskutieren Kolleginnen und Kollegen unter dem Motto „Unsere Alternative heißt Respekt und Solidarität“.
Solidarität nicht unter und mit den ethnischen Deutschen, sondern mit allen, die in den Be-trieben arbeiten und in den Geschäftsstellen organisiert sind.

Wir grenzen nicht aus!
wir binden ein !
Wir sind offen für alle!

Einschränkung: Offen für alle, die demokratisch sind und für Menschenrechte eintreten.

Das ist der Unterschied zwischen einer völkischen Politik und der AfD und uns, den Gewerk-schaften.

Wir unterscheiden nicht zwischen Deutschen und Nichtdeutschen, sondern zwischen Demo-kratinnen und Nicht-Demokratinnen.

Wir verteidigen leidenschaftlich das Grundgesetz, in dem es in Artikel 1 heißt; „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Und zwar die Würde jedes Menschen und nicht nur die der Deutschen.
Wir haben uns in unserer Satzung dazu verpflichtet,
die Freiheitlich Demokratische Grundordnung zu wahren und gegebenenfalls zu verteidigen.

Das steht da nicht nur „einfach so“ drin, sondern ist der bitteren historischen Erfahrung ge-schuldet, dass Gewerkschaften die Demokratie wie die Luft zum Leben brauchen, sonst kön-nen sie, wie 1933 geschehen,
verboten werden.
Mit allen bekannten Konsequenzen.

In diesem Zusammenhang ist es unerträglich zu sehen und zu dulden wenn Coronademonst-ranten den Reichstag stürmen.
Und persönlich möchte mich bei den Angehörigen der Roten Armee für den im Mai 1945 legitimen und heldenhaften Sturm auf den Reichstag bedanken

und daran erinnern das die Antihitler-Koalition Millionen von Menschenleben geopfert hat für die Befreiung vom Faschismus.

Nur alleine über 26Millionen Opfer zahlten die Völker der Sowjetunion..
Nie wieder Faschismus
Nie wieder Krieg

Diese Erfahrungen sind uns eingebrannt, und deshalb stehen wir heute Seite an Seite mit vie-len unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen für unseren Zusammenhalt in einer demokratischen Gesellschaft.

Wir demonstrieren nicht auf Coronademonstrationen. Nicht mit Menschen die nicht sehen was unübersehbar neben Ihnen und um sie herum aufmarschiert.
Reichsflaggen,
Reichskriegsflaggen.
verbotene faschistische Symbole,
die Grenzen von 37
und zum Sturm auf den Reichstag aufrufen.
In dieser Mogelpackung gibt es kein allgemeines Wahlrecht,
kein Frauen Wahlrecht ,keinen 8Stundentag-
dafür aber Sozialistengesetze,
Krieg, Kampf gegen die Weimarer Republik

Faschismus und wieder
Krieg und damit
Massenvernichtung.
eingepackt als Nachdenken
inhaltlich aber doch Braune Scheiße.

Wir Metaller wissen, dass wir perspektivisch nur dann erfolgreich sind und eine Zukunft haben,

als Organisation und als Teil einer demokratischen Gesellschaft, wenn wir solidarisch sind und nicht nationalistisch, wenn wir in der Tradition der Arbeiterbewegung international den-ken und handeln.

Wir dürfen uns nicht spalten lassen, sondern müssen als Demokratinnen und Demokraten unteilbar der Gefahr von rechts begegnen. Auch in den Betrie-ben und Verwaltungen ,
Allen unseren Kollegen das Rüstzeug zu geben sich dieser Gesinnung entgegen zu stellen Demokratie und Solidarität zu leben.
Unerklärlich ist dann allerdings für mich,
gerade als Betroffener rechter Gewalt,
wenn die Organe, die diese Gesellschaft und Staat schützen sollen,
die Ermittlungen nicht im Sinne des Schutzes vor die Demokratie
zerstörenden Kräften und der Opfer betreiben.

Stellt sich damit nicht
Polizei
Bundeswehr und
Justiz
als Komplizen von
Rassisten
Reichsbürgern
Nazis und deren Sympathisanten dar.

Das ist der Nährboden in dem Rassismus ungehindert wächst.
Und Rassismus führt, man muss es noch einmal deutlich machen, zu Spaltung, und Spaltung bedeutet Ohnmacht.

Entscheidend in der gesellschaftlichen Analyse ist das, was man den
Interessengegensatz nennt, der Unterschied zwischen oben und unten, zwischen denen, die ihre Arbeitskraft einbringen, und denen, die sie
kaufen. Da gibt es keinen nationalen oder ethnischen Unterschied.

Was würdet ihr von einer Gewerkschaft halten die sich nur kritisch mit ausländischen Inves-toren auseinander setzt und zum Handeln der inländischen Investoren schweigt, weil es sich bei diesen ja um die sogenannten „eigenen Leute“ handelt?
Sie wäre zurecht bescheuert.

Denn das Problem ist die Ausbeutung, nicht die Nationalität des Ausbeutenden.

Gewerkschaften war von Beginn an bewusst, dass sie immer dann erfolgreich waren, wenn ihr Handeln auch international, grenzüberschreitend, inklusiv – kurz: solidarisch war.

Zu unseren Mitgliedern gehören Christen, Atheisten, Muslime, Agnostiker, Juden und Men-schen anderer Glaubensrichtungen – Werte wie Gleichheit und Freiheit bedeuten uns mehr als Religionen, Nationen und Hautfarben.

Deshalb engagieren sich Gewerkschaften seit Jahrzehnten gegen Ausgrenzung, arbeiten in den Betrieben Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in den unterschiedlichen Gremien Hand in Hand, erleben einander als Gleiche unter Gleichen.

Rede von Heinz Galinski am 18. Januar 1948


Rede von Heinz Galinski auf der ersten öffentlichen Kundgebung nach der Gründung der Berliner VVN am 18. Januar 1948 im Berliner Admiralspalast, dem damaligen Haus der Staatsoper

„Ich begrüße Sie anläßlich der 1. Kundgebung der Berliner VVN. Ich begrüße die Vertreter der Besatzungsmächte, Frau Stadtrat Ehlert als Vertreterin des Berliner Magistrats. Frau Stadtrat Ehlert hat immer für die Verfolgten des Naziregimes das größte Verständnis gehabt. Ich betone ausdrücklich: Wir wollen keine Gegensätzlichkeit zu den kommunalen Ausschüssen der Berliner Betreuungsstellen. Ich begrüße besonders herzlich unseren Kameraden Probst Grüber als Vertreter der VVN in der Sowjetischen Besatzungszone., als Vertreter der westlichen Zonen der VVN die Kameraden Lore Wolf, Kameraden Kein und den Kameraden Lorcher, ferner die Vertreter der Kulturorganisationen und der politischen und gesellschaftlichen Organisationen Berlins. Im Gegensatz zu den 4 Zonen, in denen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes schon seit geraumer Zeit ihre Tätigkeit ausüben konnte, war sie in Berlin bisher noch nicht bestätigt. Die Zulassung ist nunmehr durch einen Beschluß der alliierten Kommandantur erfolgt. Die am 16. und 17. Januar 1948 durchgeführte Generalversammlung findet heute ihren festlichen Ausklang in der 1. öffentlichen Kundgebung des Berliner Vorstandes der VVN.

Angesichts der reaktionären Entwicklung in Deutschland bedarf es heute keines Wortes mehr zur Begrüßung einer solchen Organisation. Sie ist eine Notwendigkeit im Abwehrkampf gegen Nazismus und Antisemitismus: Die Berliner VVN wird so lange unsere vollste Unterstützung finden, als sie auf dem ihr vorgeschriebenen Weg mit aller Entschiedenheit weitergeht und strengste Neutralität in allen politischen und religiösen Fragen wahrt. Gerade wir haben aufgrund unseres Kampfes und unserer Leiden in den Hitlerjahren nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, in der 1. Reihe für die Demokratisierung Deutschlands zu kämpfen. Das Vertrauen, das uns die 4 Besatzungsmächte durch die Genehmigung der VVN bekundet haben, ist ein Auftrag für uns und zugleich eine Anerkennung, der wir uns in jeder Weise würdig zu erweisen haben. Die Demokratisierung Deutschlands ist eine Schicksalsfrage. Niemand, der in unseren Reihen kämpft, hat ein anderes Ziel vor Augen, als die Demokratisierung Deutschlands mit allen Mitteln zu fördern. Nur müssen wir uns über den Weg klar sein, den wir zu beschreiten haben. Die Erfahrungen der Vergangenheit warnen. Die demokratische Verfassung der Weimarer Republik hat ihren Feinden das Sprungbrett hingelegt. Nicht noch einmal darf es sich wiederholen, daß die Freiheiten der Demokratie in dieser unerhörten Weise mißbraucht werden, um Krieg nach außen und Mord nach innen zu propagieren. Das 1. Gebot dieser Stunde lautet: Schützt das Land. Nur wenn wir der Staatsgewalt einmal sicher sein werden, können wir im Geiste der Demokratie großzügig sein.

Wir haben uns wiederholt gegen offene und versteckte Angriffe in der deutschen Presse zur Wehr setzen müssen. Gerade diese mangelnde Bereitschaft, den gemeinsamen Kampf gegen den gemeinsamen Feind zu führen, ist für uns erst recht ein Anlaß, in der VVN alles nur erdenkliche zu tun. Diese Vereinigung wird alles andere sein als ein Veteranenverein alter Kämpfer. Den Opfern und ihren Hinterbliebenen sind es die Überlebenden schuldig, wachsam zu sein und, wenn es nötig ist, einzugreifen. Deshalb wird die Stimme der VVN von jetzt ab deutlich von jedem zu hören zu sein.“


 Heinz Galinski,  (1912 – 1992) beteiligte sich an den OdF-Ausschüssen und war nach der  Gründung der Berliner VVN im Januar 1948 deren Zweiter Vorsitzender für einige Monate bis zu seinem Rücktritt im November des selben Jahres.

Galinski war ein Opfer des Faschismus, ab 1940 musste er Zwangsarbeit leisten. Im Februar 1943 wurde er, ein Jahr nach der Wannseekonferenz, mit seiner Frau und seiner Mutter deportiert und nach leidvollen Jahren in Auschwitz, Dora-Mittelbau und zuletzt Bergen-Belsen 1945 dort von britischen Truppen befreit. Seine Ehefrau und seine Mutter wurden in Auschwitz ermordet.

Von 1949 bis 1992 war er Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und zudem von 1954 bis 1963 war er der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Im Sommer des Jahres 1975 blieb er unverletzt bei einem von unbekannten Tätern verübten Paketbombenanschlag auf ihn. Im September und im Dezember 1998 wurden auf das Grab Galinskis auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Westend zwei Sprengstoffanschläge verübt, dabei wurde der Grabstein fast vollständig zerstört.


Galinskis Wohnsitz in Berlin bis zu seiner 
Deportation 1943. Foto: Ingo Müller, 23.01.2024
Gedenktafel für 
Heinz Galinski an der Schönhauser Allee in Berlin. 
Von dort wurde er 1943 in das 
Konzentrationslager Auschwitz deportiert . Foto: Ingo Müller, 23.01.2024
Galinskis Wohnsitz in Berlin bis zu seiner 
Deportation 1943, Foto: Ingo Müller, 23.01.2024


28.06.2016
Heinz Galinski und seine Erwartungen an die Gegenwart und Zukunft der jüdischen Bevölkerung in Deutschland.
Ein Ausschnitt.
Regie: Manfred Seckinger
gm-tv Berlin

Leider nur ein kurzer Ausschnitt.