27. Januar 2021

Liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Freundinnen und Freunde,  Seit Jahrzehnten gedenken wir Ende Januar / Anfang Februar den Morden an John Schehr, Erich Steinfurth, Eugen Schönhaar und Rudi Schwarz mit einer Gedenkkundgebung an der Mordstelle. Schweren Herzens sehen wir in diesem Jahr davon ab und rufen zu einem individuellen Gedenken auf:

In Erinnerung an John Schehr und Genossen, 01. Februar 2021              Kilometerberg/Schäferberg in Berlin-Wannsee

Der Landesverband Brandenburg der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (kurz VVN-BdA) und die Berliner VVN-BdA rufen dazu auf, am 1. Februar (oder am Wochenende davor) in Berlin am Schäferberg (auch Kilometerberg genannt), den am 1. Februar 1934 ermordeten Antifaschisten und Kommunisten John Schehr, Erich Steinfurth, Eugen Schönhaar und Rudolf Schwarz zu gedenken. Aufgrund der Covid19-Pandemie und den geltenden Kontaktbeschränkungen und Sicherheitsmaßnahmen rufen wir in diesem Jahr zu einem individuellen Gedenken auf.

John Schehr wurde am 9. Februar 1896 in Altona als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Er erlernte den Beruf des Schlossers und politisierte sich früh. Bereits Ende 1912 wurde er Mitglied der SPD und während des Ersten Weltkrieges trat er zur USPD über. Seit dem Jahr 1920 wurde er, wie Ernst Thälmann, Mitglied der KPD. In der Folge übernahm er mehrere politische Führungspositionen und rückte im April 1932 als Abgeordneter in den Preußischen Landtag und wurde in den Reichstag gewählt. Er galt als enger Begleiter von Ernst Thälmann. Nach dessen Festnahme im März 1933 übertrug die Kommunistische Internationale den Parteivorsitz der KPD an John Schehr.

Am 13. November 1933 wurde John Schehr verhaftet. Da er als hoher Parteifunktionär der KPD bekannt war, musste er schlimme Folterungen der Gestapo wie schwere Verbrennungen und Augenverletzungen, überstehen. Von John Schehr gab es jedoch keine Aussagen. Als am 1.Februar 1934 der frühere KPD-Funktionär und mittlerweile Spitzel der Nazis, Alfred Kattner, in Nowawes – dem heutigen Potsdam-Babelsberg – ermordet wurde, rächten sich die Nazis sofort, in dem sie John Schehr, Erich Steinfurth, Eugen Schönhaar und Rudolf Schwarz aus der berüchtigten Gestapozentrale Columbiahaus nach Wannsee verschleppten. Hier wurden alle vier am Abend des 1. Februars 1934 „auf der Flucht“ erschossen, wie es die Nationalsozialisten propagandistisch verlautbaren ließen.


„John Schehr und Genossen“

Der Transportführer sagt: „Kein Mensch zu sehn.“
John Schehr fragt: „Warum bleiben wir stehn?“
Der Führer flüstert: „Die Sache geht glatt!“
Nun wissen sie, was es geschlagen hat,
John Schehr und Genossen.

Sie sehn, wie die ihre Pistolen ziehn.
John Schehr fragt: „Nicht wahr, jetzt müssen wir fliehn?“
Die Kerle lachen. „Na, wird es bald?
Runter vom Wagen und rein in den Wald,
John Schehr und Genossen!“

John Schehr sagt: „So habt ihr es immer gemacht!
So habt ihr Karl Liebknecht umgebracht!“
Der Führer brüllt: „Schmeißt die Bande raus!“
Und schweigend steigen die viere aus,
John Schehr und Genossen.

Sie schleppen sie in den dunklen Wald.
Und zwölfmal knallt es und widerhallt.
Da liegen sie mit erloschenem Blick,
jeder drei Nahschüsse im Genick,
John Schehr und Genossen.

Der Wagen saust nach Berlin zurück.
Das Schauhaus quittiert: „Geliefert vier Stück.“
Der Transportführer schreibt ins Lieferbuch:
„Vier Kommunistenführer, beim Fluchtversuch,
John Schehr und Genossen.“

Dann begibt er sich in den Marmorsaal,
zum General, der den Mord befahl.
Er stellt ihn, mitten im brausenden ball.
„Zu Befehl, Exzellenz! Erledigt der Fall
John Schehr und Genossen.“

Erledigt der Fall? Bis zu einem Tag!
Da kracht seine Türe vom Kolbenschlag.
Er springt aus dem Bett. „Was wollt ihr von mir?“
„Kommt mit, Exzellenz, die Abrechnung für
John Schehr und Genossen.

Erich Weinert, 1934


Auch die von uns mitgetragene Gedenkkundgebung an Otto Grüneberg in Charlottenburg, die ursprünglich für den 7. Februar 2021geplant war, musste leider abgesagt werden

FASCHISMUS IST KEINE MEINUNG – FASCHISMUS IST EIN VERBRECHEN!